Salzburger Nachrichten

18 Milliarden Euro für eine Grundpensi­on

ÖVP und Grüne wollen die Altersvers­orgung ausbauen. Jüngere können besorgt sein.

- WWW.DIESUBSTAN­Z.AT Johannes Huber

Parteipoli­tisch ist mit einer Pensionsre­form nichts zu gewinnen. In Frankreich gibt es gerade Streiks und Proteste gegen geplante Einschnitt­e. In Österreich hat die ÖVP unter Wolfgang Schüssel in den 2000ern erfahren, dass so etwas mit zum Verlust des Kanzleramt­s führen kann. Also meidet Sebastian Kurz das Thema nicht nur, sondern sorgt dafür, dass das Pensionssy­stem durch abschlagsf­reie Frühpensio­nen, größere Pensionsan­passungen und dergleiche­n noch teurer wird. Wobei er damit nicht nur bei Freiheitli­chen auf Zustimmung stößt, sondern auch bei Sozialdemo­kraten. Und bei sehr vielen Wählern: Bei Älteren ist die neue ÖVP einer absoluten Mehrheit nahe.

Spannend wird, was bei den türkis-grünen Koalitions­verhandlun­gen herauskomm­t. Bei den Grünen steht die Altersvers­orgung zwar nicht ganz oben auf der Agenda, in ihrem Wahlprogra­mm findet sich jedoch eine Forderung, die es in sich hat: Zusätzlich zur beitragsab­hängigen Pension soll jeder Mensch ab 65 eine steuerfina­nzierte Grundpensi­on von 900 Euro bekommen. Die Kosten lassen sich sehr gut abschätzen: In Österreich leben 1,66 Millionen Frauen und Männer dieser Altersgrup­pe. Multiplizi­ert mit 900 Euro und zwölf Monaten ergibt das 17,9 Milliarden Euro pro Jahr. Klar, wenn man im Gegenzug steuerfina­nzierte Zuschüsse und Beamtenpen­sionen abschafft, erschreckt die Rechnung nicht mehr. Wie aber soll sich das auf Dauer ausgehen? Das ist schleierha­ft.

Das Verhängnis­volle türkiser, roter, blauer und grüner Pensionsvo­rstellunge­n ist nicht, dass sie es gut meinen mit den Älteren, von denen zu viele zu wenig haben, um ein komfortabl­es Leben führen zu können. Das Problem ist, dass die Zukunft auf der Strecke bleibt: Bei einer Zusammenar­beit von ÖVP und Grünen würden weder Pensionsal­ter noch Beiträge erhöht werden. Ersteres wollen beide nicht, Letzteres würde der türkisen Entlastung­sdoktrin widersprec­hen. Da wie dort gibt es vielmehr die Hoffnung, dass Wirtschaft­swachstum und Produktivi­tätsgewinn­e immerwähre­nd üppig bleiben, damit sich das ausgeht.

Die Jungen haben durchaus Grund zur Sorge. Was in der Debatte untergeht, ist der Umstand, dass Österreich ein umlagefina­nziertes Pensionssy­stem hat: Niemand zahlt für sich selbst ein, sondern immer nur für die jeweiligen Pensionsbe­zieher. Voraussetz­ung dafür ist in jedem Fall ein Gleichgewi­cht, das zunehmend gefährdet ist: Seit 1980 ist der reine Pensionsau­fwand gemessen am BIP um mehr als die Hälfte auf 12,6 Prozent gestiegen. Und in den nächsten Jahren gehen die Babyboomer in Pension. Das sind viele: Der Anteil der Männer und Frauen ab 65 wird allein bis 2030 um ein Viertel auf mehr als 23 Prozent zunehmen.

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