18 Milliarden Euro für eine Grundpension
ÖVP und Grüne wollen die Altersversorgung ausbauen. Jüngere können besorgt sein.
Parteipolitisch ist mit einer Pensionsreform nichts zu gewinnen. In Frankreich gibt es gerade Streiks und Proteste gegen geplante Einschnitte. In Österreich hat die ÖVP unter Wolfgang Schüssel in den 2000ern erfahren, dass so etwas mit zum Verlust des Kanzleramts führen kann. Also meidet Sebastian Kurz das Thema nicht nur, sondern sorgt dafür, dass das Pensionssystem durch abschlagsfreie Frühpensionen, größere Pensionsanpassungen und dergleichen noch teurer wird. Wobei er damit nicht nur bei Freiheitlichen auf Zustimmung stößt, sondern auch bei Sozialdemokraten. Und bei sehr vielen Wählern: Bei Älteren ist die neue ÖVP einer absoluten Mehrheit nahe.
Spannend wird, was bei den türkis-grünen Koalitionsverhandlungen herauskommt. Bei den Grünen steht die Altersversorgung zwar nicht ganz oben auf der Agenda, in ihrem Wahlprogramm findet sich jedoch eine Forderung, die es in sich hat: Zusätzlich zur beitragsabhängigen Pension soll jeder Mensch ab 65 eine steuerfinanzierte Grundpension von 900 Euro bekommen. Die Kosten lassen sich sehr gut abschätzen: In Österreich leben 1,66 Millionen Frauen und Männer dieser Altersgruppe. Multipliziert mit 900 Euro und zwölf Monaten ergibt das 17,9 Milliarden Euro pro Jahr. Klar, wenn man im Gegenzug steuerfinanzierte Zuschüsse und Beamtenpensionen abschafft, erschreckt die Rechnung nicht mehr. Wie aber soll sich das auf Dauer ausgehen? Das ist schleierhaft.
Das Verhängnisvolle türkiser, roter, blauer und grüner Pensionsvorstellungen ist nicht, dass sie es gut meinen mit den Älteren, von denen zu viele zu wenig haben, um ein komfortables Leben führen zu können. Das Problem ist, dass die Zukunft auf der Strecke bleibt: Bei einer Zusammenarbeit von ÖVP und Grünen würden weder Pensionsalter noch Beiträge erhöht werden. Ersteres wollen beide nicht, Letzteres würde der türkisen Entlastungsdoktrin widersprechen. Da wie dort gibt es vielmehr die Hoffnung, dass Wirtschaftswachstum und Produktivitätsgewinne immerwährend üppig bleiben, damit sich das ausgeht.
Die Jungen haben durchaus Grund zur Sorge. Was in der Debatte untergeht, ist der Umstand, dass Österreich ein umlagefinanziertes Pensionssystem hat: Niemand zahlt für sich selbst ein, sondern immer nur für die jeweiligen Pensionsbezieher. Voraussetzung dafür ist in jedem Fall ein Gleichgewicht, das zunehmend gefährdet ist: Seit 1980 ist der reine Pensionsaufwand gemessen am BIP um mehr als die Hälfte auf 12,6 Prozent gestiegen. Und in den nächsten Jahren gehen die Babyboomer in Pension. Das sind viele: Der Anteil der Männer und Frauen ab 65 wird allein bis 2030 um ein Viertel auf mehr als 23 Prozent zunehmen.