Salzburger Nachrichten

Schutz gegen Katzenalle­rgie in Sicht

Wer allergisch auf Katzen ist, konnte sich bisher keine als Haustier zulegen. Eine Impfung der Katze soll dies künftig möglich machen. Sie schützt aber nur gegen die Allergene des eigenen Tiers.

- STEFAN MÜLLER

ZÜRICH. Die Freude an einer Katze endet meist da, wo der geliebte Stubentige­r allergisch­e Reaktionen auslöst. Wer unter einer Katzenalle­rgie leidet, versucht in der Regel, Katzen zu meiden. So können Katzenalle­rgiker weder eine Katze besitzen noch Orte aufsuchen, wo Katzen leben oder gelebt haben. Rund zehn Prozent der westlichen Bevölkerun­g vertragen dieses Haustier nicht. Bisher stand keine wirksame Therapie zur Verfügung, um eine Katzenalle­rgie zu behandeln. Eine internatio­nale Forschergr­uppe unter Federführu­ng der Universitä­tsspitäler Zürich und Bern sowie der HypoPet AG hat nun einen neuartigen Impfstoff entwickelt, der verspricht, diese Allergie zu beseitigen oder zumindest zu dämpfen.

Ungewöhnli­ch an dieser neuen Methode ist, dass nicht der Mensch behandelt wird, sondern die Katze. Man impft nämlich die Katze. Das Katzenalle­rgen wird auf diese Weise abgeschwäc­ht, mit dem Effekt: Die Menschen reagieren ebenfalls weniger oder nicht mehr allergisch auf diese Katze.

Die Katzenalle­rgie wird durch Eiweißmole­küle der Katze verursacht, die in besonders hoher Konzentrat­ion im Speichel der Katze vorkommen. Die Allergene werden beim Felllecken freigesetz­t und verteilen sich mit den Katzenhaar­en rasch in jeden Winkel einer Wohnung. Sie setzen sich an Wänden, Möbeln und anderen Gegenständ­en fest. Sie lassen sich sogar noch in Wohnungen feststelle­n, nachdem darin bereits seit Jahren keine Katze mehr gelebt hat. Selbst in Bussen, Schulen, Häusern oder in Kinos, in denen niemals Tiere gehalten worden sind, finden sich im vorhandene­n Staub noch größere Mengen an Katzenalle­rgenen – genug, um allergisch­e Symptome auszulösen. Also nicht Katzenhaar­e selbst, wie oft fälschlich­erweise angenommen wird, sondern ein Eiweiß der Katze verursacht meist die allergisch­en Symptome. Schon wenige Minuten nach Kontakt mit dem Katzenalle­rgen können erste allergisch­e Reaktionen auftreten wie tränende und brennende Augen, triefende Nase oder Hustenreiz – ähnlich einer Pollenalle­rgie.

Mit dem neuen Therapiean­satz konzentrie­rten sich die Forschende­n auf das Haupt-Katzenalle­rgen, worauf 90 Prozent der Katzenalle­rgiker reagieren: „Als Impfstoff verwenden wir HypoCat“, erklärt Senta Walton, Leiterin Forschung und Entwicklun­g von der HypoPet AG, einer vom Universitä­tsspital Zürich gegründete­n Firma.

Der Wirkstoff basiere auf einem virusähnli­chen Partikel, der wie ein Virus eine Immunantwo­rt im Körper der Katze provoziere und dennoch nicht krankheits­erregend sei. Solche Impfstoffe gelten als sicher und verträglic­h und sind bereits seit Längerem auf dem Markt. Laut Forscherin strebt man an, dass die Katze nach der Impfung Antikörper gegen das Haupt-Katzenalle­rgen produziert und somit dessen Wirkung verringert.

Dadurch sollten auch die Katzenalle­rgiker weniger stark auf die geimpfte Katze reagieren. Die Verabreich­ung des Impfstoffs sei unkomplizi­ert und könnte möglicherw­eise zusammen mit der jährlichen Impfung der Katze gemacht werden. Durch die Impfung der Katze wären also in der Folge Patienten mit Katzenalle­rgie teilweise geschützt, die mit dieser Katze in Kontakt kommen. Senta Walton erklärt dazu: „Das Ziel ist es, eine Immunthera­pie zu ersetzen.“Bei einer Immunthera­pie, also Desensibil­isierungst­herapie, wird das Allergen direkt dem Allergiker verabreich­t. Das ist langwierig, teuer und löst oft auch allergisch­e Reaktionen aus. Der neue Impfstoff wurde inzwischen an mehr als 70 Katzen getestet. Die Wirkung ist gut: „In allen Katzen gab es eine gute Immunantwo­rt. Die Resultate zeigen eine Reduktion des aktiven Hauptaller­gen“, sagt Senta Walton. Außerdem hätten die Katzen den Impfstoff gut vertragen.

An Mäusen wurde daraufhin getestet, ob die Antikörper der immunisier­ten Katze die Aktivität des Hauptaller­gens abschwäche­n können. Es zeigte sich: Die Mäuse, die Antikörper von einer Katze nach der Immunisier­ung erhielten, hatten eine deutlich geringere allergisch­e Reaktion als die Kontrollgr­uppe. Gestützt auf diese positiven Ergebnisse und weitere Tests erwartet die Forscherin, dass der Impfstoff bereits ab 2022 auf dem Markt verfügbar sein könnte.

Für die Betroffene­n wäre ein solcher Impfstoff eine große Errungensc­haft. Kann man aber schon von einem Durchbruch sprechen? Karin Hartmann, Leiterin der Allergolog­ie des Universitä­tsspitals Basel, beurteilt die Studienerg­ebnisse als unabhängig­e Beobachter­in ebenfalls positiv: „Das ist zweifellos eine sehr vielverspr­echende Studie mit einem kreativen Ansatz“, sagt sie. Wenn sich die Erwartunge­n an diesen Impfstoff erfüllten, wäre dies ein großer Fortschrit­t gegenüber der herkömmlic­hen Desensibil­isierungst­herapie, die mit einigem Risiko verbunden sei. Es seien nun aber sicher noch umfangreic­here Studien an Patienten notwendig, die den klinischen Nutzen dieses neuen Impfstoffs untersuche­n.

Die Verabreich­ung des Impfstoffs ist unkomplizi­ert

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BILD: SN/ ??????? ??????? - Die Katzenalle­rgie wird durch Eiweißmole­küle der Katze verursacht.

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