Frau gelähmt: Anzeige gegen Arzt
Ein Pinzgauer Arzt soll einer Frau im Vorjahr bei einer Gastroskopie das falsche Präparat in die Vene gespritzt haben. Die Frau sitzt seither im Rollstuhl. Nun wurde der Arzt angezeigt.
Es ist eine schier unfassbare Tragödie, die sich am 14. Juni 2018 im Pinzgau ereignet hatte. Eine 52-jährige Frau begab sich damals wegen Bauchschmerzen in die Praxis eines Pinzgauer Facharztes, um eine Gastroskopie (Magenspiegelung) vornehmen zu lassen. Tatsache ist, dass es bald nach Behandlungsbeginn zu schwersten Komplikationen kam – weil der Frau offenbar aufgrund eines fatalen Irrtums ein falsches Mittel in die Vene gespritzt wurde. Mit der schrecklichen Konsequenz, dass die Mutter zweier erwachsener Kinder seither halbseitig gelähmt und nun ihr ganzes Leben lang auf den Rollstuhl angewiesen ist.
Die im Pinzgau wohnhafte Frau – sie war vor besagtem medizinischen Unglück als Reinigungskraft tätig – ist nun rund um die Uhr pflegebedürftig. Die 52-Jährige wird seit Längerem von den Salzburger Rechtsanwälten Katharina Sedlazeck-Gschaider und Kurt Jelinek vertreten. Sedlazeck-Gschaider hat gegen den Arzt bzw. dessen Haftpflichtversicherung zivilrechtliche Ansprüche geltend gemacht – sie strebt diesbezüglich eine außergerichtliche Einigung an.
Unabhängig von der zivilrechtlichen Ebene hat ihr Kollege Jelinek jetzt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg eine Sachverhaltsdarstellung gegen den Mediziner wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung mit schweren Dauerfolgen (Paragraf 88 Abs 4 Strafgesetzbuch) eingebracht. Der Mediziner soll demnach „auffallend sorgfaltswidrig“gehandelt und „sein Verschulden bereits eingestanden haben“.
Anwältin Sedlazeck-Gschaider zufolge hat der Arzt im Zuge der von ihm durchgeführten Gastroskopie „meiner Mandantin irrtümlich statt des Narkosemittels Propofol ein sogenanntes AntiSchaummittel in die Vene gespritzt“. Das Anti-Schaummittel gehöre normalerweise über eine Magensonde bzw. einen in den Magen eingeführten Schlauch verabreicht, so Sedlazeck: „Das Mittel dient laienhaft gesprochen dazu, eine übermäßige Schaumbildung im Magen zu vermeiden, damit der Arzt während der Untersuchung auf dem Monitor möglichst viel vom Mageninneren sieht. Am Ende des Schlauches befindet sich nämlich eine kleine Kamera.“Im konkreten Fall habe der Arzt sowohl eine Spritze mit dem Narkosemittel als auch eine mit dem AntiSchaummittel aufgezogen gehabt: „Beide Spritzen mit jeweils milchig-weiß aussehenden Substanzen lagen direkt neben dem Arzt. Er hat der Frau dann irrtümlich Anti-Schaummittel anstelle des Narkotikums in die Vene injiziert. Obwohl der Arzt seinen Fehler relativ rasch bemerkt und sofort alle Notmaßnahmen eingeleitet hat, waren und sind die Folgen für meine Mandantin leider verheerend“, so die Anwältin.
Kurz nach irrtümlicher Verabreichung des Anti-Schaummittels (Simethicon, Anm.) wurde die 52-Jährige in eine Klinik eingeliefert. Sie erlitt eine lebensbedrohliche akute respiratorische Insuffizienz (Lungenschwäche) mit Bewusstlosigkeit und wurde in Tiefschlaf versetzt. Die 52-Jährige erlitt der Sachverhaltsdarstellung bzw. Strafanzeige zufolge auch Hirninfarkte und multiple Ödeme. „Bis 7. August 2018 war die Frau in der Klinik. Sie ist seither halbseitig gelähmt, im Rollstuhl und rund um die Uhr pflegebedürftig“, so Anwältin Katharina Sedlazeck-Gschaider. Die zivilrechtlichen Ansprüche für die 52-jährige Frau, die von einer
„Der Mediziner hat auffallend sorgfaltswidrig gehandelt.“
Fachkraft sowie von ihren beiden erwachsenen Kindern betreut und gepflegt wird, beziffert die Anwältin – nach derzeitigem Stand – mit insgesamt rund 120.000 Euro. Die Forderungen betreffen unter anderem Schmerzensgeld, Verdienstentgang oder Pflegekosten. Die Juristin betont überdies, dass „die künftige Haftung – lebenslänglicher Behandlungsbedarf ist ja absehbar – auch durch ein Feststellungsanerkenntnis des betroffenen Arztes bzw. seiner Haftpflichtversicherung entsprechend abzusichern ist“.
Der Pinzgauer Mediziner wird vom Salzburger Rechtsanwalt Thomas Schwab vertreten. Schwab bestätigt im SN-Gespräch den „äußerst tragischen Vorfall beziehungsweise Irrtum, der meinem Mandanten extrem leidtut“. Dem Anwalt des Arztes zufolge sei „die Abklärung der zivilrechtlichen Ansprüche über die Haftpflichtversicherung meines Mandanten bereits im Laufen“. Schwab zufolge habe sich sein Mandant bei der Frau bzw. der Familie entschuldigt.