Identitäre Bewegung hat in Österreich etwa 300 Mitglieder
WIEN. Eine Spende bringt die Identitäre Bewegung in Österreich in Erklärungsnotstand. Deren Sprecher, Martin Sellner, hat eine 1500-EuroSpende des Christchurch-Terroristen Brenton Tarrant erhalten, der 50 Menschen erschossen hat. Sellner berichtete, dass bei ihm eine Hausdurchsuchung stattgefunden habe und gegen ihn wegen „Gründung oder Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung“ermittelt werde. Die Durchsuchung habe Montagnachmittag stattgefunden.
Dies bestätigte auch das Innenministerium. Das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung habe diese im Auftrag der Staatsanwaltschaft Graz durchgeführt. Graz deshalb, weil dort seit Längerem überprüft wird, ob die Identitären weiterhin als gemeinnützige Organisation angesehen werden können. Dadurch sind Spenden für sie steuerfrei.
Die Staatsanwaltschaft erklärte, dass die Spende des Australiers aufgefallen sei, weil sie deutlich höher war als die normalen Spenden, die die Organisation sonst erhält. Nach dem Attentat habe „diese Spende ein Gesicht bekommen“, sagt der Sprecher der Staatsanwaltschaft Graz, Hansjörg Bacher. Daraufhin habe man eine Untersuchung eingeleitet, ob es Zusammenhänge zwischen den Identitären und Tarrant gebe. Bei der Hausdurchsuchung wurden zahlreiche Datenträger sichergestellt, die nun ausgewertet werden.
Die Staatsanwaltschaft Graz hatte bereits im vergangenen Jahr 17 Mitglieder der Identitären Bewegung wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und Verhetzung vor Gericht gestellt. Der Prozess endete mit Freisprüchen für die Angeklagten.
Der Anwalt von Martin Sellner, Bernhard Lehofer, sagte, dass er nicht verstehe, „wie eine Spende zu einer Hausdurchsuchung führen kann“. Das Geld sei vor einem Jahr überwiesen worden. Es gebe jedenfalls keine Verbindungen von Sellner oder der Identitären Bewegung zum Christchurch-Attentäter. Sellner wiederum sagte, dass es auf der Homepage der Identitären Bewegung die Möglichkeit gebe, zu spenden. Über diesen Kanal sei der Betrag mittels Kreditkarte überwiesen worden. Er habe sich dafür bedankt, wie er es bei jedem Spender mache. Danach kam noch eine kurze Mitteilung von Tarrant. Mehr Kontakt habe es mit dem Attentäter nicht gegeben. Die Identitäre Bewegung lehne Gewalt jedenfalls entschieden ab.
Die Identitäre Bewegung Österreich wurde im Jahr 2012 als Verein zur Erhaltung und Förderung der kulturellen Identität gegründet. Entstanden ist diese Bewegung in Frankreich, von wo sie sich in ganz Europa ausbreitete. In den vergangenen Jahren erregten die Identitären immer wieder durch ihre Aktionen Aufsehen, in denen sie gegen die Islamisierung Europas auftraten oder sich für die Rückführung von Flüchtlingen einsetzten. So besetzten sie etwa die grüne Parteizentrale in Graz und entrollten ein Plakat mit der Aufschrift „Islamisierung tötet“.
Die Identitäre Bewegung zählt zur sogenannten Neuen Rechten. Bei der Neuen Rechten handelt es sich um eine in den 1970er-Jahren in Frankreich aufgekommene geistige Strömung, die sich um eine Intellektualisierung des Rechtsextremismus bemüht. Auf ihrer Homepage beschreiben sich die Identitären so: „Die Identitäre Bewegung Österreich ist die aktivste und größte patriotische NGO des Landes. Unabhängig von allen Parteien setzen wir uns in allen Bundesländern für den Erhalt unserer kulturellen Identität ein.“Und: „Österreich ist in Gefahr. Masseneinwanderung, Islamisierung und der Große Austausch bedrohen die Zukunft unseres Landes. Mit unseren Aktionen und Projekten bauen wir gemeinsam eine patriotische Zivilgesellschaft auf, um diese Entwicklungen zu stoppen. Wir stehen Tag für Tag in der ersten Reihe und kämpfen für den Erhalt unserer Kultur und Identität.“Nach Angaben von Sellner hat die Identitäre Bewegung in Österreich etwa 300 aktive Mitglieder und einige Tausend Sympathisanten.
Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes stuft die Identitären als rechtsextreme Jugendbewegung ein. Im Verfassungsschutzbericht ist zu lesen, dass die Identitäre Bewegung eine der wesentlichen Trägerinnen des modernisierten Rechtsextremismus ist. Seit ihrer Gründung seien mittels „direkter Aktionen“bundesweit Plakat- und Transparentaktionen, Störungen von Veranstaltungen, Hausbesetzungen, symbolische Verunstaltungen von Denkmälern und Aufmärsche umgesetzt worden.
Die Identitäre Bewegung ist europaweit vernetzt und hat ein einheitliches Erscheinungsbild, das Lambda-Symbol und die Schriftzüge in den Farben Schwarz-Gelb.
Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte, dass jede Verbindung zwischen dem Attentäter von Christchurch und Mitgliedern der Identitären in Österreich restlos und schonungslos aufgeklärt werden müsse. Es brauche volle Aufklärung über alle extremistischen Machenschaften.