Spaniens Linkspartei zerlegt sich selbst
Zum fünften Geburtstag von Podemos wartete eine bittere Überraschung: Das vierte von fünf Gründungsmitgliedern kehrte der Partei diese Woche den Rücken.
Katerstimmung schon vor der Geburtstagsfeier in der Madrider Parteizentrale von Podemos: Am Donnerstag wollte die linkspopulistische Formation eigentlich ihr fünfjähriges Bestehen feiern. Doch dann kündigte Íñigo Errejón, ein Mitbegründer der Partei, an, bei den Madrider Gemeindewahlen im Mai nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Er wird der Wahlliste der amtierenden Bürgermeisterin Manuela Carmena beitreten.
Die 74-jährige ehemalige Richterin regiert seit vier Jahren erfolgreich mit der Wahlallianz Ahora Madrid (Jetzt Madrid), einem Zusammenschluss linker Kräfte. Nun will sie ihre Sozial- und Umweltprojekte für die MillionenMetropole mit dem neuen Bündnis Mas Madrid (Mehr Madrid) weiterführen.
Errejón ist nicht der erste Podemos-Politiker, der in Madrid in das Team von Carmena überläuft. Vergangenes Jahr wurden bereits fünf Mitglieder aus der Partei geschmissen, weil sie bei den Wahlen für Mas Madrid antreten wollen. Doch mit Errejón wechselte nun ausgerechnet ein Podemos-Mitbegründer.
Es ist bereits das vierte von fünf Gründungsmitgliedern, das die Partei verlässt. Juan Carlos Monedero kehrte ihr wegen umstrittener Zahlungen der venezolanischen Regierung an ihn den Rücken zu. Carolina Bescansa und Luis Alegre fehlte unter Parteichef Pablo Iglesias der basisdemokratischen Charakter .
Errejón war unter Iglesias Fraktionssprecher und Nummer Zwei der Partei. Doch zunehmend kam es zum Konflikt zwischen den beiden Politologen, die sich von der Universität kennen. Neben einem Machtstreit handle es sich dabei auch um einen Richtungsstreit, erklärt der spanische Politologe Antonio Elorza: „Iglesias steht für ein klassisches Linksbündnis, mit dem er sich als radikale Alternative zu Konservativen und Sozialisten behaupten kann. Errejón stellt die Partei ins politische Erbe der Protestbewegung der Empörten, die sich aus Menschen unterschiedlicher ideologischer Herkunft bildete.“
Unter Iglesias’ Leitung kam es zum Zusammenschluss mit der Vereinigten Linken, die Parlamentsfraktion Unidos Podemos wurde gebildet. Das Experiment ging bei der Parlamentswahl nach hinten los. Im Februar vergangenen Jahres waren schließlich die Parteimitglieder auf einem Kongress aufgerufen, zwischen Iglesias und Errejón zu wählen. Iglesias gewann. Er entmachte seinen ehemaligen Freund und machte seine Lebensgefährtin Irene Montero zur neuen Nummer zwei. Als sich Iglesias und Montero dann um mehr als 600.000 Euro ein luxuriöses Landhaus kauften, musste sich der Führer der Linkspartei einem Misstrauensvotum stellen, das er knapp überstand.
Fünf Jahre nach ihrer Gründung steckt die Partei nun in einer tiefen Krise. „Die Partei hat sich gespalten. Ihre politischen und gesellschaftlichen Ziele aus der Gründungsphase haben sich stark verwässert“, meint Elorza. Das könnte sich auf die politische Stärke übertragen. Laut Umfragen dürfte Podemos bei den Gemeindeund Regionalwahlen, die parallel zur Europawahl im Mai stattfinden, von Sozialisten, Konservativen und den liberalen Ciudadanos überholt werden.
„Die Ziele aus der Gründungsphase haben sich stark verwässert.“