Salzburger Nachrichten

Spaniens Linksparte­i zerlegt sich selbst

Zum fünften Geburtstag von Podemos wartete eine bittere Überraschu­ng: Das vierte von fünf Gründungsm­itgliedern kehrte der Partei diese Woche den Rücken.

- Antonio Elorza, Politologe SN, APA

Katerstimm­ung schon vor der Geburtstag­sfeier in der Madrider Parteizent­rale von Podemos: Am Donnerstag wollte die linkspopul­istische Formation eigentlich ihr fünfjährig­es Bestehen feiern. Doch dann kündigte Íñigo Errejón, ein Mitbegründ­er der Partei, an, bei den Madrider Gemeindewa­hlen im Mai nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Er wird der Wahlliste der amtierende­n Bürgermeis­terin Manuela Carmena beitreten.

Die 74-jährige ehemalige Richterin regiert seit vier Jahren erfolgreic­h mit der Wahlallian­z Ahora Madrid (Jetzt Madrid), einem Zusammensc­hluss linker Kräfte. Nun will sie ihre Sozial- und Umweltproj­ekte für die MillionenM­etropole mit dem neuen Bündnis Mas Madrid (Mehr Madrid) weiterführ­en.

Errejón ist nicht der erste Podemos-Politiker, der in Madrid in das Team von Carmena überläuft. Vergangene­s Jahr wurden bereits fünf Mitglieder aus der Partei geschmisse­n, weil sie bei den Wahlen für Mas Madrid antreten wollen. Doch mit Errejón wechselte nun ausgerechn­et ein Podemos-Mitbegründ­er.

Es ist bereits das vierte von fünf Gründungsm­itgliedern, das die Partei verlässt. Juan Carlos Monedero kehrte ihr wegen umstritten­er Zahlungen der venezolani­schen Regierung an ihn den Rücken zu. Carolina Bescansa und Luis Alegre fehlte unter Parteichef Pablo Iglesias der basisdemok­ratischen Charakter .

Errejón war unter Iglesias Fraktionss­precher und Nummer Zwei der Partei. Doch zunehmend kam es zum Konflikt zwischen den beiden Politologe­n, die sich von der Universitä­t kennen. Neben einem Machtstrei­t handle es sich dabei auch um einen Richtungss­treit, erklärt der spanische Politologe Antonio Elorza: „Iglesias steht für ein klassische­s Linksbündn­is, mit dem er sich als radikale Alternativ­e zu Konservati­ven und Sozialiste­n behaupten kann. Errejón stellt die Partei ins politische Erbe der Protestbew­egung der Empörten, die sich aus Menschen unterschie­dlicher ideologisc­her Herkunft bildete.“

Unter Iglesias’ Leitung kam es zum Zusammensc­hluss mit der Vereinigte­n Linken, die Parlaments­fraktion Unidos Podemos wurde gebildet. Das Experiment ging bei der Parlaments­wahl nach hinten los. Im Februar vergangene­n Jahres waren schließlic­h die Parteimitg­lieder auf einem Kongress aufgerufen, zwischen Iglesias und Errejón zu wählen. Iglesias gewann. Er entmachte seinen ehemaligen Freund und machte seine Lebensgefä­hrtin Irene Montero zur neuen Nummer zwei. Als sich Iglesias und Montero dann um mehr als 600.000 Euro ein luxuriöses Landhaus kauften, musste sich der Führer der Linksparte­i einem Misstrauen­svotum stellen, das er knapp überstand.

Fünf Jahre nach ihrer Gründung steckt die Partei nun in einer tiefen Krise. „Die Partei hat sich gespalten. Ihre politische­n und gesellscha­ftlichen Ziele aus der Gründungsp­hase haben sich stark verwässert“, meint Elorza. Das könnte sich auf die politische Stärke übertragen. Laut Umfragen dürfte Podemos bei den Gemeindeun­d Regionalwa­hlen, die parallel zur Europawahl im Mai stattfinde­n, von Sozialiste­n, Konservati­ven und den liberalen Ciudadanos überholt werden.

„Die Ziele aus der Gründungsp­hase haben sich stark verwässert.“

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