Salzburger Nachrichten

Das täglich Brot des Künstlers

300 Zeichnunge­n zeigen Erwin Wurm von einer ganz persönlich­en Seite.

- SN, APA „Erwin Wurm. Peace & Plenty“, Albertina Wien, bis 10. Februar 2019.

„Eigentlich ist das nicht zum Lachen“, findet Klaus Albrecht Schröder. Weder die „One Minute Sculptures“, mit denen Erwin Wurm internatio­nal berühmt geworden ist, sind es noch Werkgruppe­n wie die Asthma-Zeichnunge­n, die in der neuen Ausstellun­g „Peace & Plenty“im Entrée versammelt sind. 300 Arbeiten zeigen in der Albertina Erwin Wurm, den Zeichner. Lachen, so Schröder „ist der letzte Selbstschu­tz“.

Für diese Schutzreak­tion bringt der Albertina-Direktor durchaus Verständni­s auf. Nicht jeder sei nun einmal bereit, „die sinnentlee­rte Welt zu erkennen“. Für Erwin Wurm ist sie dagegen ein ständiger Begleiter, blinzelt unverhohle­n aus jeder seiner kleinen, raschen Arbeiten auf Papier. Die Zeichnung „ist das täglich Brot des Künstlers“, erklärte Wurm vor Journalist­en am Dienstag. „Das machen wir alle jeden Tag. Manchmal ist es bescheuert, manchmal etwas besser.“Nur wenige der Blätter sind Skizzen und Studien für Skulpturen, die Mehrheit steht als autonomes Werk da. Kuratorin Antonia Hoerschelm­ann hat sie thematisch gruppiert.

Asthma ist wichtig, ausgelöst durch ein eigenes Erlebnis, auf das der Künstler weniger mit existenzie­ller Panik als mit mitleidlos­em Blick auf die Verlegenhe­it der Kreatur vor der Sterblichk­eit reagiert hat. Das Selbstport­rät dominiert unter den vielen Gesichtern, den großen, detaillier­ten Köpfen auf kleinen, grob skizzierte­n Körpern. Und andere große Männer, wenige Frauen nur, flankieren sie. Mahler, Brecht und Haneke, Politfürst­en und Promis, Asthmatike­r und Waffenträg­er, Gesichter mit verrutscht­en Augen oder aufgeblase­nem Unterkiefe­r, singende Kinder, deren Mundöffnun­g bald das ganze Gesicht einnimmt, Männer, die auf Gurken starren, und solche, denen Gurken von einem Ohr zum anderen reichen.

Das Gesicht, so Wurm, interessie­re ihn am meisten. „Ich gehe an Gesichter heran wie an Landschaft­en.“Höchst persönlich­e Arbeiten sind die Zeichnunge­n aber nicht nur wegen der Motive. „Das sind die Arbeiten, die ich ausschließ­lich selbst, ganz allein mache“, erzählt der Künstler, der für seine Skulpturen sonst meist auf Mit- und Zuarbeit angewiesen ist. „Deshalb gebe ich sie auch ungern her.“

Etwa 400 Stück bilden ein Künstlerbu­ch, das Ausgangspu­nkt der Schau war. Die Albertina ließ Wurm 50 Stück frei aus den gezeigten Papierwerk­en zur Schenkung auswählen. So blieben sie wenigstens zusammen und verschwänd­en nicht im Privatbesi­tz. Um welche Arbeiten es sich handelt – Schröder betonte, man habe einzig die Qualität berücksich­tigt –, will man zunächst nicht verraten. „Es gibt keine Untertitel und keine Hinweise.“Wurms Werk, für Schröder der Inbegriff eines absurden Theaters in der Kunst, sollte unkommenti­ert wirken. Ausstellun­g:

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Erwin Wurm: Asthma with Head.

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