Das Licht wird zum Werkzeug
Der Nobelpreis für Physik geht an zwei Männer und eine Frau. Die Forscher aus den USA, Frankreich und Kanada waren bahnbrechend daran beteiligt, gebündeltes Licht praktisch einzusetzen: von der Wettervorhersage bis hin zur Medizin.
Für die effiziente Anwendung von Licht als Werkzeug erhalten heuer den Nobelpreis in Physik zu Hälfte der US-Forscher Arthur Ashkin und zur anderen Hälfte der französische Forscher Gérard Mourou und die kanadische Forscherin Donna Strickland. Sie werden für ihre bahnbrechenden Entwicklungen im Bereich Laserphysik ausgezeichnet. Das gab die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften am Dienstag in Stockholm bekannt.
Strickland ist erst die dritte Frau, die mit einem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet wird. „Zuerst denkt man: Das ist verrückt“, sagte die Kanadierin in einer ersten Reaktion.
Ashkin ist der älteste Physik-Nobelpreisträger in der Geschichte der Auszeichnung. Er ist 96 Jahre alt und war am Dienstag für Interviews nicht erreichbar. Es sei zu sehr mit seiner Forschung beschäftigt, ließ er ausrichten.
Der US-Physiker hat mit der so genannten Optischen Pinzette ein hochpräzises Werkzeug für die Wissenschaft entwickelt. Deren „Finger aus Laserstrahlen“können Moleküle und Atome greifen. Auch Viren, Bakterien und andere leben- de Objekte können damit festgehalten und untersucht werden – ohne dass sie dabei Schaden nehmen. In vielen Laboren werden heute solche Laserpinzetten eingesetzt, um biologische Phänomene zu untersuchen, etwa Proteine, molekulare Motoren, DNA oder das Innenleben von Zellen. Die Pinzette habe Möglichkeiten eröffnet, die Maschinerie des Lebens zu beobachten und zu kontrollieren, heißt es in der Begründung des Nobelkomitees.
Die beiden anderen Preisträger, der Franzose Gérard Mourou und die Kanadierin Donna Strickland, haben sich vor allem in der Entwicklung der Lasertechnik verdient gemacht. Es gelang ihnen, Laserpulse zu verkürzen und zu verstärken. Diese Verstärkung gechirpter Pulse (Chirped Pulse Amplification) wird inzwischen nicht nur in der Forschung eingesetzt, sondern auch in der Medizin, etwa bei Augenoperationen.
Laser wird heute vielfältig eingesetzt. Etwa für die Lichtshow am Nachthimmel. Oder als Ableser von CDs in optischen Laufwerken. Er wird in der medizinischen Diagnostik und Chirurgie herangezogen, entfernt Haare dauerhaft und dient dazu, Material zu schneiden oder – umgekehrt – zusammenzuschweißen. Dabei erhitzt sich das Material und reagiert entsprechend mit Schmelzen bis hin zur Verdampfung. Der von den beiden Nobelpreisträgern entwickelte ultrakurz gepulste Laserstrahl aber arbeitet in einem Teil der physikalischen Welt, wo das Material nicht einfach schmilzt und schließlich wie Wasser in einem heißen Kochtopf verdunstet. Ein Ultrakurzpulslaser zersprengt regelrecht das Material an der Stelle, wo das Licht auftrifft. Das hat den Vorteil, dass die Schnitte äußerst präzise und sauber sind.
Seit einigen Jahren sind Ultrakurzpulslaser vom Entwicklungsstadium zu nützlichen Instrumenten herangereift. Sie können nicht nur zum Schneiden benutzt werden, sondern auch dafür, schnelle chemische und physikalische Prozesse sichtbar zu machen. Das ist in vielen Bereichen der Materialforschung hilfreich, aber auch zum Beispiel in der Medizin, wo Mikrostrukturen im Gewebe sichtbar gemacht werden können.
Zwischen den Begriffen „kurz“und „ultrakurz“liegen Welten. Innerhalb von weniger als drei Jahrzehnten konnte die experimentell erreichbare Zeitskala von Nanosekunden auf Femtosekunden verringert werden. Eine Nanosekunde ist eine Milliardstelsekunde. In einer Nanosekunde kommt Licht 30 Zentimeter weit. Eine Femtosekunde ist eine unvorstellbare kurze Zeiteinheit. Eine Femtosekunde entspricht 10−15 Sekunden. In dieser Zeit bewegt sich Licht 0,003 Millimeter voran. Zum Vergleich: 0,001 Millimeter ist etwas ein Hundertstel eines menschlichen Haares.
Das Spektrum der hochentwickelten Laser findet darüber hinaus noch auf dem Gebiet der Frequenzmetrologie Anwendung, wo es um hochkomplexe Druckverschiebungen geht. Seit Jahren wird auch an einer Laseruhr geforscht, die noch präziser funktionieren soll als die Cäsium-Atomuhren.