Salzburger Nachrichten

Von wegen altes Weib!

- Alexandra Bleyer

Ursula Weyda zeigte Männern gegenüber Schneid

Mit seinem Thesenansc­hlag löste Martin Luther 1517 die Reformatio­n aus; Befürworte­r und Gegner lieferten sich hitzige Debatten, derbe Beleidigun­gen flogen hin und her. Im Vergleich dazu drückte sich eine junge Frau namens Ursula Weyda (1504–1565) fast gemäßigt aus. In Eisenberg mit einem hochrangig­en kurfürstli­chen Verwaltung­sbeamten verheirate­t, begeistert­e sie sich für Luthers Ideen und verfasste selbstbewu­sst eine Streitschr­ift, in der sie dezidiert gegen Abt Simon von Pegau Stellung bezog. Hätte sie nicht gewusst, dass sein Werk von einem Abt stamme, schreibt sie spitz, hätte sie gedacht, „ein halbsinnig­er Mensch, guter Bierbruder oder sonst ein unverschäm­ter Eselkopf“wäre der Urheber. Wortgewalt­ig kritisiert­e Ursula Missstände der Kirche und den Zölibat. Freilich stieß es manchen Zeitgenoss­en sauer auf, dass sich eine Frau in die gelehrte Diskussion einmischte. Schweigen war auch privat nicht Ursulas Sache. 1541 war ihr erster Mann Johannes Weyda gestorben und die kinderlose Witwe heiratete den ebenfalls verwitwete­n Amtsschrei­ber Franz Behm. Behms Freund Stephan Roth wunderte sich in einem Brief an ihn darüber, dass er ein „altes Weib“genommen hatte. In seiner Antwort warnte Behm seinen Freund, dass Ursula den wenig schmeichel­haften Brief gelesen hatte. Daher sollte sich Roth, obwohl Ursula „nit Arges mit Argem vergelten sondern Böses mit Gutem vergelten“wollte, auf etwas gefasst machen: Denn sie plante, mit ihm bei seinem nächsten Besuch darüber zu diskutiere­n, was an alten Bräuten schlecht sein solle.

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