Merkel, Macron und die EU
Mit Verve und Vehemenz ist Deutschlands neue GroKo nicht gerade gestartet. Kanzlerin Angela Merkel muss sich darauf einstellen, dass sich in ihrem vierten Kabinett die drei Koalitionsparteien künftig stärker als früher gegeneinander profilieren werden. Durch die Vereinbarung, in der Mitte der Legislaturperiode eine Zwischenbilanz zu ziehen, haben die Beteiligten sogar eine Sollbruchstelle in ihr Bündnis eingebaut. Die Koalitionäre bringen sich dann womöglich schon für die NachMerkel-Ära in Stellung.
Aber ab sofort wird wieder richtig regiert in Berlin! Das lässt auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hoffen, der gleich eine deutsche Antwort auf seine große EU-Vision einfordert. Auf die langwierige Regierungsbildung ist es geschoben worden, dass Berlins Reaktion auf Macrons Initiative so lange auf sich hat warten lassen. Die Wahrheit freilich ist, dass die deutsche Regierung gar nicht gewillt ist, Macrons Reformideen für die Eurozone in dieser Form umzusetzen. Der Begriff „Transferunion“ist ein Schreckwort in Berlin.
Einen Rückschlag für Macrons Reformpläne bedeutet auch der Erfolg europaskeptischer Parteien bei der jüngsten Parlamentswahl in Italien. Das Profil von Parteien wie Lega oder Fünf Sterne ist verschwommen, aber ihre EU-Position läuft darauf hinaus, eine „immer engere Union“abzulehnen. In ähnlicher Weise haben sich zuvor schon acht nordeuropäische EU-Länder unter der Führung der Niederlande positioniert. Diese Gruppe ist gegen eine weitreichende Übertragung von Kompetenzen an die europäische Ebene. Stattdessen sollen die Mitgliedsstaaten das letzte Wort haben, selbst Strukturreformen vorantreiben und den Stabilitätspakt respektieren. Die dringend nötige EU-Reform dürfte schwierig werden.