Salzburger Nachrichten

Der Weg zur ökologisch­en Landwirtsc­haft ist steinig

Die weitere Zulassung des umstritten­en Herbizids Glyphosat löst keine bestehende­n Probleme und verunsiche­rt die Menschen.

- Gerhard Schwischei GERHARD.SCHWISCHEI@SN.AT

Nach jahrelange­r Debatte einigten sich die EU-Agrarminis­ter mit der geforderte­n qualifizie­rten Mehrheit darauf, das umstritten­e Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat weitere fünf Jahre in der EU zuzulassen. Österreich stimmte dagegen, Deutschlan­d spielte das Zünglein an der Waage. Unabhängig von der eigenmächt­igen und heftig kritisiert­en Zustimmung des deutschen Ministers, die Kanzlerin Merkel auch innenpolit­isch in Bedrängnis bringt, ist die Entscheidu­ng aus weiteren Gründen problemati­sch: Nach endlosen Gutachters­treits bleibt der Verdacht bestehen, der Unkrautver­nichter könnte krebserreg­end sein. Das Ja für Glyphosat nimmt Druck weg, auf ökologisch schonender­e Anbaumetho­den umzusteige­n. Und letztlich ist diese Entscheidu­ng erneut ein Beispiel dafür, dass Zentralism­us in der EU nicht immer die besseren Lösungen anzubieten hat.

Wie groß das Krebsrisik­o des Herbizids tatsächlic­h ist, wird von zuständige­n Agenturen der Weltgesund­heitsorgan­isation, der EU oder Österreich­s zum Teil sehr unterschie­dlich bewertet. So hängt das Urteil zum Beispiel davon ab, ob man Glyphosat isoliert betrachtet oder in der Summe der Belastunge­n mit anderen chemischen Spritzmitt­eln.

Die Landwirte wiederum argumentie­ren damit, dass es kaum Alternativ­en zu Glyphosat gebe, und wenn, seien sie wesentlich teurer. Außerdem gebe es für den Einsatz bei uns zeitliche Beschränku­ngen.

Wie man die Argumente auch dreht und wendet: Letztlich geht es immer darum, was einer Gesellscha­ft der Umstieg auf ökologisch schonender­e Ackerbaume­thoden wert ist. Der großflächi­ge Einsatz von Herbiziden und Pestiziden ermöglicht zeit- und kostenspar­endes Arbeiten. Die biologisch­e Landwirtsc­haft wird im Vergleich dazu immer aufwendige­r und teurer sein.

Die Hoffnung ist aber: Die wachsende Nachfrage nach Produkten aus ökologisch­er Landwirtsc­haft zeigt zum Beispiel in Österreich, dass immer mehr Menschen bereit sind, dafür auch mehr zu bezahlen. Das stärkt der Politik den Rücken, den Richtungsw­echsel in der Landwirtsc­haft weiter voranzutre­iben.

Daher denkt man bereits am Tag nach der Entscheidu­ng für Glyphosat in Ländern wie Österreich oder Frankreich über nationale Verbote und Beschränku­ngen nach. Womit sich mit Recht die Frage stellt, ob es nicht dem ohnehin geltenden Subsidiari­tätsprinzi­p folgend viel gescheiter wäre, den Nationalst­aaten in wesentlich mehr Bereichen als bisher selbst die Entscheidu­ng zu überlassen.

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