„Wir sind weiter lästig“
Neos-Chef Matthias Strolz will mehr Transparenz, einen neuen Österreich-Konvent und keinen Bildungsminister namens Sobotka.
Der Hebel der Macht ist pink. Die Neos haben bei der Nationalratswahl nur um 0,33 Prozentpunkte zugelegt – trotzdem spielen sie im neuen Nationalrat eine wichtige Rolle. Mit den Stimmen der Neos können ÖVP und FPÖ grundlegende Reformen umsetzen. Doch die Pinken wollen nicht um jeden Preis zu haben sein. SN: Im Wahlkampf wollten Sie der Stachel im Fleisch der Mächtige sein, jetzt sind Sie das Zünglein an der Waage, wenn es um Reformen geht. Wie gefällt Ihnen die neue Rolle? Matthias Strolz: Es riecht nicht nach Macht, aber die Verhältnisse geben uns neue Spielräume. Die liberale Kraft wird immer wichtiger. SN: In Deutschland hätte eine liberale Partei in der Regierung sitzen können. Was sagen Sie dazu, dass FDP-Chef Christian Lindner die Koalitionsverhandlungen hat platzen lassen? Ich hätte mir die FDP in der deutschen Regierung gewünscht, aber nicht um jeden Preis. Die klare Linie Lindners finde ich gut, das gibt es in der Politik selten. Ich würde das genauso machen. SN: Zurück nach Österreich. Sie können durch eine ZweiDrittel-Mehrheit im Parlament Reformen ermöglichen. Von der Demokratie- bis zur Sozialpartnerschaftsreform (siehe Kasten). Wo ziehen Sie mit? Es ist noch unklar, wie relevant der Zwei-Drittel-Hebel wird, weil noch unklar ist, ob Schwarz-Blau echte Reformen angehen will. Aber folgender Vorschlag: Machen wir einen neuen Österreich-Konvent. Dort sehen wir uns die Empfehlungen des letzten Konvents (2003– 2005, Anm.) an und setzen diese Dinge mit wechselnden Mehrheiten im Parlament um. Da wären viele Themen enthalten, über die jetzt wieder diskutiert wird. Irmgard Griss könnte den Vorsitz des Konvents übernehmen. SN: Ihr Parteikollege Sepp Schellhorn hat im SN-Gespräch gesagt, dass die Neos die Transparenzdatenbank im Verfassungsrang sehen wollen, andernfalls unterstütze man die nächste Regierung nicht bei Zwei-Drittel-Anliegen. Sehen Sie das auch so? Die Transparenzdatenbank muss umgesetzt werden und bei Versäumnissen müssen Strafen fällig werden. Wieso nicht 50 Millionen weniger Steuergeld für ein Bundesland, das nicht sagen will, wofür es das Geld ausgibt? Das ist die einzige Sprache, die die Landeschefs verstehen. Insofern sehe ich die Transparenzdatenbank als Bedingung. Am besten in Kombination mit einer Staatsschuldenbremse. SN: Anscheinend will die kommende Regierung bei der Bildung – Ihrem Lieblingsthema – das Budget nicht aufstocken. Wäre mehr Geld für Schulen auch eine Bedingung, damit Sie bei Reformen mitmachen? Ich will keine plumpen Drohungen aussprechen, aber wir sind weiter lästig. Kurz und Strache müssen die Bildung ernster nehmen. Wir sollten hier parteiübergreifend zusammenarbeiten. Da gibt es sicher Gemeinsamkeiten. Etwa dass jedes Kind mit sechs Jahren ordentlich Deutsch kann. Da kann doch niemand dagegen sein. SN: Sie fordern Bewerbungsgespräche für Minister. Wer sollte als Bildungsminister vorsprechen? Ich will keine Namen von der Seitenlinie Richtung Spielfeld rufen. Aber ich wünsche mir nicht den Wolfgang Sobotka, der im Gespräch ist. Auch wenn er Lehrer war. Wir waren auch alle einmal Schüler, das kann nicht als Qualifikation für den Job reichen. Es braucht schon sachliche Leidenschaft und Expertise. Die kann ich nicht erkennen. SN: Wollen Sie für die ZweiDrittel-Themen ein Gesamtpaket verhandeln? Oder sich jedes Themenfeld einzeln ansehen? Wir wollen hier keine themenfremden Punkte vermischen. Aber man könnte zum Beispiel ein Paket „Sozialpartnerschaftsreform“schnüren. Dabei sollten die Sozialpartnerschaft aus der Verfassung genommen, die Kammerbeiträge gesenkt und in weiterer Folge die Pflichtmitgliedschaft aufgehoben werden. Da höre ich aber, dass Kurz und Strache das bei ihren eigenen Leuten nicht durchbekommen werden. SN: Wie wollen Sie die Arbeit in der Opposition anlegen? Mit einem gemeinsamen Arbeitsprogramm zwischen den Oppositionsparteien. Mit den Stimmen der SPÖ können wir jedenfalls bei problematischen Gesetzesbeschlüssen zum Verfassungsgerichtshof gehen. Das werden wir einsetzen. Etwa bei der Idee, dass der Staat die Internetkommunikation per Bundestrojaner, also mit einer eigenen Software, überwachen will. SN: Sie sind zum zweiten Mal ins Parlament eingezogen, wie lang wird die nächste Legislaturperiode halten? Ich glaube nicht, dass Schwarz-Blau hält. Vielleicht sollte die Gesetzgebungsperiode wieder auf vier Jahre gekürzt werden. SN: Die Neos wollen 2018 aus dem Stand heraus in vier Landtage (Salzburg, Tirol, Kärnten, Niederösterreich) einziehen. Wie ist das zu schaffen? Wir haben in den ersten fünf Jahren der Neos über 20 Wahlen geschlagen. Vieles ist uns gelungen, manches nicht. Aber ich bin zuversichtlich. Wir wollen bis 2030 eine Million Menschen hinter der Bewegung versammelt haben.