Gericht spricht Iraker von Terror-Anklage frei
Es war ein brisanter wie ungewöhnlicher Prozess gegen einen Terrorverdächtigen, der Mittwoch am Landesgericht stattfand. Ungewöhnlich, weil der Angeklagte – ein im Jänner 2017 in einem Salzburger Flüchtlingsquartier verhafteter Iraker – einer angeblich terroristischen Vereinigung angehört haben soll, die gegen die nachweislich terroristischen Horden vom „Islamischen Staat“(IS) kämpft(e). Brisant, weil der Prozess auch von Mitgliedern der irakischen Botschaft in Wien verfolgt wurde.
Die Salzburger Staatsanwaltschaft lastete dem Iraker konkret an, er habe von Ende 2014 bis Herbst 2015 in seiner Heimat „für die als Terrorvereinigung zu bewertende Badr-Organisation gekämpft“. Die von Schiiten geführte, zunehmend als politische Vereinigung agierende Badr-Organisation – sie hieß bis 2003 Badr Corps – kämpfe zwar legitim gegen den sunnitischen IS. Allerdings, so die Anklage, betreibe ihr militärischer Flügel auch eine „religiös-politische Säuberung“der gesamten sunnitischen Bevölkerung. So hätten Badr-Leute sunnitische Zivilisten massakriert. Die Anklage stützt sich auf einen deutschen Wissenschafter, der als Nahostexperte gilt und die Badr-Organisation terroristisch nennt. Und auf ein Foto auf dem Handy des Angeklagten, das diesen in Uniform mit Badr-CorpsAbzeichen und mit Waffe zeigt.
Der 34-jährige Angeklagte, er besaß offenbar vier Elektroläden im Irak, wies energisch zurück, Mitglied in irgendeiner (Terror-) Vereinigung gewesen zu sein. Er habe sich damals in seiner Region an Hilfslieferungen für vom IS vertriebene Menschen beteiligt. Die Uniform habe er in der hochgefährlichen Region „nur zum Selbstschutz“angezogen.
Brisant: Der Verteidiger verwies darauf, dass die Badr-Organisation weder von den UN noch von der EU oder den USA als Terrorgruppe geführt werde. Vielmehr sei sie eine Art Partei, der sogar der irakische Innenminister und 22 Parlamentsabgeordnete angehörten. „Bei der irakischen Botschaft ist man sehr erstaunt über die Anklage“, so der Verteidiger. Nachsatz: „Abgesehen davon gibt es ein einziges angeblich belastendes Foto. Sonst nichts. Was bitte soll mein Mandant wann wo getan haben?“
Das Schöffengericht sprach den 34-Jährigen frei. „Eine Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung ist nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit nachweisbar“, so die Begründung. Nicht rechtskräftig.
„Es gibt nur ein angeblich belastendes Foto gegen den Mann. Sonst nichts.“