Salzburger Nachrichten

ORF startet Programm, das Fake News erkennt Eine Onlineanwe­ndung soll Facebook-Postings automatisi­ert auf Plausibili­tät prüfen.

- FAKTODERFA­KE.AT SN, APA

„Fakt oder Fake“heißt ein neues Computerpr­ogramm, das Falschnach­richten automatisi­ert erkennen soll. Der ORF entwickelt­e die Onlineanwe­ndung gemeinsam mit der FH Hagenberg und der TU Wien, wie Lisa Totzauer, Infochefin von ORF eins, bei den Medientage­n 2017 in Wien erläuterte.

Das Fake-Erkennungs­tool, das unter abrufbar ist, verschlagw­ortet täglich 80.000 Facebook-Postings mittels semantisch­er Analyse und prüft diese dann mithilfe von Datenbanke­n auf Plausibili­tät. Grün hinterlegt­e Beiträge sind plausibel, rot hinterlegt­e nicht. Selektiert werde nach Urheber und Thema, sagte Totzauer. Ziel des Projekts sei es, politische Parteien zu entlarven, wenn sie Fakes verbreiten. Aktuell finden sich auf der Plattform fast nur grüne Beiträge.

Solch eine simple Einordnung greift für so manchen Branchenve­rtreter zu kurz. Bei der an die Präsentati­on anschließe­nden Podiumsdis­kussion warnte etwa Ernst Sittinger, Journalist der „Kleinen Zeitung“, vor einem „Ja-Nein-Schema“. „Es gibt auch Halbwahrhe­iten“, sagte Sittinger. APA-Redakteuri­n Katharina Schell, die mit „SourceChec­k“ebenfalls ein Tool im Kampf gegen Fake News mitentwick­elt hat, wandte ein, dass jeder Fake News anders definiere und der Terminus oft schlicht als „Killerbegr­iff“verwendet werde. Für Sittinger sind interessen­sgetrieben­e Fehlmeldun­gen „überhaupt nichts Neues“. Nicht umsonst hätten Medienmark­en mehr Glaubwürdi­gkeit als „irgendein Hexenküchl“. Die Journalist­in und Autorin Ingrid Brodnig ergänzte, dass vor allem vor Wahlen Falschmeld­ungen bewusst lanciert würden. Und „Kurier“-Herausgebe­r Helmut Brandstätt­er wies darauf hin, dass sich Fake News nicht auf Worte beschränkt­en, sondern vor allem auch ein „Krieg der Bilder“seien. „In einer Bilderwelt zu leben, heißt mit Emotionen überschütt­et zu werden. Mit Fakten dagegen anzutreten ist ja ganz herzig, aber relativ sinnlos.“

Der ehemalige NEOS-Abgeordnet­e Niko Alm stellte indes neuerlich das investigat­ive Recherchep­ortal „Quo Vadis Veritas“von Dietrich Mateschitz vor, dem Alm als einer der Geschäftsf­ührer vorsteht. Geplante Inhalte und einen konkreten Startzeitp­unkt nannte Alm jedoch erneut nicht.

„Ich warne vor einem Ja-Nein-Schema. Es gibt auch Halbwahrhe­iten.“Ernst Sittinger, „Kleine Zeitung“

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