Salzburger Nachrichten

Türkei lässt Deutschen in Spanien festnehmen

Präsident Recep Tayyip Erdoğan zeigt Anzeichen von Cäsarenwah­n.

- SN, dpa

Der auf Betreiben der Türkei in Spanien festgenomm­ene deutsche Schriftste­ller Dogan Akhanli ist wieder frei. Deutschlan­ds Außenminis­ter Sigmar Gabriel (SPD) zeigte sich erfreut. Akhanli darf allerdings Madrid nicht verlassen. Der türkischst­ämmige Autor war am Samstag während seines Urlaubs in Granada auf Betreiben der Türkei festgenomm­en worden. Akhanli lebt seit seiner Flucht aus der Türkei 1991 in Deutschlan­d und hat keine türkische Staatsbürg­erschaft mehr. Ihm wird angeblich die Mitgliedsc­haft in einer bewaffnete­n, terroristi­schen Vereinigun­g vorgeworfe­n. Akhanlis Anwalt zufolge lag bei Interpol eine sogenannte Red Notice vor. Damit kann ein Land dazu auffordern, eine gesuchte Person ausfindig zu machen und vorläufig festzunehm­en. Es handelt sich nicht um einen Suchauftra­g im Namen von Interpol selbst und nicht um einen internatio­nalen Haftbefehl. Laut Interpol entscheide­n die Länder selbst, wie sie mit einer Red Notice umgehen. In seinen Werken befasst sich der 1957 geborene Schriftste­ller auch mit der Verfolgung der Armenier in der Türkei. Er selbst wurde nach dem Militärput­sch als Mitglied der kommunisti­schen TDKP in den 80er-Jahren verhaftet. Von 1985 bis 1987 saß er im Gefängnis.

Das Vorgehen Ankaras verschärft die diplomatis­che Krise mit Berlin. Deutsche Politiker warfen der türkischen Regierung eine Grenzübers­chreitung vor, die Konsequenz­en haben müsse. Nach dem gescheiter­ten Putschvers­uch im Juli 2016 wurden bereits neun Deutsche in der Türkei verhaftet. Zuletzt hatte sich der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan auch noch in den Bundestags­wahlkampf eingemisch­t und Deutsch-Türken aufgerufen, am 24. September nicht für SPD, CDU oder Grüne zu stimmen. „Das sind alles Türkei-Feinde“, sagte er. Außenminis­ter Gabriel nannte die „Wahlempfeh­lung“Erdoğans einen „einmaligen Eingriff in die Souveränit­ät unseres Landes“. Erdoğans Reaktion: „Wer sind Sie denn, um den türkischen Präsidente­n anzusprech­en? Erkennen Sie Ihre Grenzen.“

Das Auslieferu­ngsverfahr­en für Akhanli liegt zunächst in den Händen der spanischen Justiz. Nur für den Fall, dass diese eine Auslieferu­ng für zulässig hält, entscheide­t die spanische Regierung. Deutschlan­ds Außenminis­ter Gabriel betonte sein Vertrauen in die spanische Justiz: „Es wäre schlimm, wenn die Türkei auch am anderen Ende Europas erreichen könnte, dass Menschen, die ihre Stimme gegen Präsident Erdoğan erheben, in Haft geraten würden.“

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BILD: SN/DPA Dogan Akhanli wurde in seinem Urlaubsdom­izil verhaftet.

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