Schulreform: Lehrer drohen mit Streik
Die Regierung sagt neue Verhandlungen zu. Doch es hakt noch an vielen Punkten.
„Nicht administrierbar“, „fast skurril“, „pädagogisch unzumutbar“. – Mit einer Flut von negativen Stellungnahmen sieht sich die Regierung wegen ihrer geplanten Schulreform konfrontiert. Lehrer- und Elternverbände machen gemeinsam gegen die Reformpläne mobil.
Bei einer Protestveranstaltung der Pflichtschullehrer in Wien wurde indirekt sogar mit einem Lehrerstreik gedroht, wenn die Regierung nicht wesentliche Teile der Reform abändert. Das schloss Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) bisher aus. Nun soll es am 8. Mai aber zu weiteren Verhandlungen mit der Lehrervertretung kommen.
Die Positionen liegen allerdings weit auseinander. Die Gewerkschaft der AHS-Lehrer fordert eine Anhebung des Bildungsbudgets um zwei Milliarden Euro, um die angepeilte Schulautonomie mit Leben erfüllen zu können. Die Regierung hat für die Reform aber keine Mehrkosten eingeplant.
Besonders umstritten sind die Schulcluster. Bis zu acht Schulen sollen zu einem Cluster zusammengefasst werden, statt acht Schuldirektoren soll es nur noch einen Clusterleiter geben. Lehrerund Elternvertreter fürchten das Entstehen von anonymen Großeinheiten mit bis zu 2500 Schülern und noch mehr Bürokratie. Das Unterrichtsministerium hält dem entgegen, die Cluster seien als Verwaltungsvereinfachung für die vielen Kleinschulen gedacht, die weniger als 100 Schüler aufweisen.
Grundsätzlich ist die Reform von dem Gedanken getragen, den einzelnen Schulen mehr autonomen Spielraum bei der Lehrerauswahl, beim Mitteleinsatz und bei der Organisation des Schulalltages zu geben. Die 50-Minuten-Stunde und die Höchstzahl von 25 Schülern pro Klasse sollen deshalb abgeschafft werden. Lehrer und Eltern fürchten aber, dass es bei einer Neuverteilung der Ressourcen in und zwischen den Schulen zwar Gewinner, aber eben auch Verlierer geben wird. Das werde zu inneren Verteilungskämpfen führen, warnen sie.
Neben Lehrern und Eltern machen auch die Schüler geben die Reform mobil. Am Mittwoch war es in der Salzburger Innenstadt zu einer großen Demonstration aller betroffenen Gruppen gekommen. „Mehr Geld für die Bildung“, lautete die gemeinsame Forderung. Damit kann Hammerschmid freilich nicht dienen. Sie versichert aber: „Das ist kein Sparpaket.“
Mehr als 800 großteils negative Stellungnahmen haben Lehrer, Eltern und Schüler zur geplanten Schulreform abgegeben. Die Wiener Pflichtschullehrer drohen sogar mit Streik, falls die Regierung ihre Pläne zum Ausbau der Schulautonomie nicht noch einmal überdenkt. Die Zeichen stehen also auf Sturm. Worum geht es? Schulcluster: Bis zu acht Schulen sollen zu einem Cluster zusammengefasst werden können. Statt acht Schuldirektoren gäbe es nur noch einen Clusterleiter für bis zu 2500 Schüler. Kritiker sehen darin den Verlust einer wichtigen Ansprechperson vor Ort bzw. eine zusätzliche, kostspielige Verwaltungsebene. Kritisiert wird vor allem, dass die Cluster auch gegen den Willen der Betroffenen eingerichtet werden können. Klassenschülerhöchstzahl: Die Reform sieht vor, dass künftig auch mehr als 25 Schüler in einer Klasse sitzen können. Kritiker fürchten dadurch eine Einbuße an Bildungsqualität, denn größere Klassen seien vor allem an Problemschulen pädagogisch unzumutbar. Schulautonomie: Die Schulen sollen selbst ihre Lehrer aussuchen und die Unterrichtszeit festlegen können. Allerdings gibt es da eine Einschränkung: Am Freitag und an einem weiteren Wochentag soll die Schule um 13 Uhr enden müssen. Das schränke Autonomie und Ganztagsschule ein, so die Kritik. Schulstunde: Der Grundsatz, dass eine Schulstunde 50 Minuten dauert, soll durch die Reform fallen. Allerdings bleibt die 50-MinutenStunde als Verrechnungseinheit für die Lehrergehälter erhalten. Die Lehrer befürchten deshalb, dass sie mehr unterrichten müssen. Bildungsdirektionen: Der Plan ist, die Landesschulräte in Bildungsdirektionen umzuwandeln. Diese sollen, da weder Bund noch Länder auf Macht verzichten wollen, gemischte Bund-Länder-Behörden sein. Kritiker befürchten ein Zuständigkeitschaos. Kosten: Allgemein wird bemängelt, dass die Reform keine Mehrkosten verursachen soll. Ohne mehr Geld sei kein Mehr an Bildung möglich, erklären die Lehrer. Die Eltern sagen, es sei sicher erforderlich, dass Problemschulen mit hohem Anteil an Schülern nicht deutscher Muttersprache mehr Geld erhalten. Das dürfe aber nicht auf Kosten der anderen Schulen gehen.