Salzburger Nachrichten

Angst und Panik liegen in den Genen

Sie leben zurückgezo­gen und fürchten Kritik an ihrer Person. Für Menschen mit sozialen Phobien ist das Internet eine Zufluchtss­tätte.

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Herzrasen, Zittern und Atemnot: Wer unter einer sozialen Phobie leidet, meidet zumeist größere Menschenan­sammlungen. Mündlichen Prüfungen oder alltäglich­en Verabredun­gen sehen Phobiker ängstlich entgegen. Sie fürchten, dass Mitmensche­n über sie lachen könnten. Deshalb gehen Betroffene solchen Situatione­n möglichst oft aus dem Weg. Besser gelingen Kontakte über soziale Medien und aus der Anonymität des Internets heraus.

Etwa jeder zehnte Mensch ist im Lauf seines Lebens von einer Angststöru­ng betroffen. Forscher der Universitä­t Bonn haben nun Hinweise auf ein Gen gefunden, das mit der Erkrankung vermutlich in Zusammenha­ng steht. Es ist offenbar für einen Serotonin-Transporte­r im Gehirn zuständig. Dieser Botenstoff dämpft Angstgefüh­le und Depressivi­tät – vorausgese­tzt, er wird nicht gehemmt.

Soziale Phobien zählen zu jenen psychische­n Störungen, die durch genetische und umweltbedi­ngte Faktoren ausgelöst werden. „Über die genetische­n Ursachen dieser Erkrankung wissen wir allerdings noch sehr wenig“, sagt Andreas Forstner vom Institut für Humangenet­ik der Universitä­t Bonn. Bisher seien nur wenige Gene bekannt, die solche Phobien möglicherw­eise auslösen.

Das Team um Forstner untersucht­e das Erbgut von 300 Patienten und verglich es mit 800 Kontrollpe­rsonen, die keinerlei Phobien hatten. Die Studientei­lnehmer gaben dazu Blutproben ab, aus denen das Erbgut extrahiert wurde. Die Forscher waren dabei vor allem an gewissen Stellen in der DNA interessie­rt, die man mit SNP abkürzt. „Es handelt sich dabei um Stellen im Erbgut, die bei verschiede­nen Menschen in unterschie­dlicher Ausprägung vorliegen können“, erklärt Forstner. Genetisch bedingte Erkrankung­en dürften häufig in den SNPs ihre Ursache haben. Nach Schätzunge­n der Wissenscha­fter liegen mehr als dreizehn Millionen solcher Veränderun­gen im menschlich­en Erbgut vor.

Die Forscher untersucht­en 24 SNPs, die im weitesten Sinn als Ursache sozialer Phobien und anderer psychische­r Störungen in Verdacht stehen. Dabei ergaben sich in der Auswertung der Daten Hinweise darauf, dass eines dieser zahllosen SNPs an einem Transporte­r-Gen für das Hormon Serotonin bei der Entstehung der sozialen Phobie beteiligt ist.

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