Vom Wahnsinn geküsst
Richard Wagners „Parsifal“in der neuen Wiener Fassung für die Staatsoper spielt in Steinhof. Alvis Hermanis verpflanzt die Welt der hehren Gralsritter in die Nervenklinik und erntet Protest.
bedenkt, dass Nina Stemme in dieser Produktion ihre erste Kundry sang, weiters Gerald Finley als Amfortas, Jochen Schmeckenbecher als Klingsor und Christopher Ventris als Parsifal auf der Bühne standen, hätte das ein Glückstag sein müssen. Eine Traumbesetzung war zu hören.
Nun könnte man alles darauf reduzieren, dass sich dieser „Parsifal“nur im Kopf des Dr. Gurnemanz nach allzu vielen Nachtdiensten abspielt, doch Hermanis treibt die Geschichte von den Gralsanbetern und der Reise des Toren Parsifal zur Erkenntnis des für König Amfortas und seine Rittergesellschaft lebensnotwendigen Mitleids in eine Falle. Zentrum ist die „Kirche zum Heiligen Hirn“, das der heilige Speer durchbohrte. Der eigentliche Gral ist ein kleines Kristallhirn, das wie eine Nachtkästchenlampe aufleuchtet. Man kann nichts und niemanden ernst nehmen, es entsteht eine Groteske mit Karnevalsfiguren. Unerotischere Blumenmädchen sah man nie. Einer scheint sich einzubilden, Johann Strauß zu sein, ein anderer spielt Gustav Klimt, und wenn Parsifal im letzten Aufzug mit goldglänzender Ritterrüstung zurückkehrt, schlägt Wagners Weihespielgedanke endgültig hart am Boden peinlicher und peinigender Lächerlichkeit auf.
Wenn Hermanis in Vorfeldinterviews wiederholt darauf hinwies, dass man „Parsifal“eigentlich mit geschlossenen Augen hören sollte, kann man ihm auch recht geben. Allerdings hätte er dann lieber die Finger davon lassen sollen. Richard/Otto Wagner hin oder her: Hörbar wollten große Teile des Publikums nicht „ins Narrenkastl“schaun, fünf Stunden lang. Und sei es noch so luxuriös-ästhetisch aufgemascherlt. Oper: