Salzburger Nachrichten

Eintauchen in die dritte Dimension

Die Tiefen des Meeres oder die Unendlichk­eit des Weltalls mit Datenbrill­e und Joystick erkunden? Virtual Reality in den eigenen vier Wänden könnte dank Sony demnächst massentaug­lich werden.

- MICHAEL EINBÖCK

SALZBURG. Immer tiefer sinke ich mit dem Unterwasse­rkäfig in das dunkle Meer hinab. Mein Blick durch die Taucherbri­lle schweift an Felsen vorbei, auf denen Korallen in allen Farben leuchten. Eine Gruppe Mantaroche­n zieht im Scheinwerf­erlicht elegant an mir vorbei, im Hintergrun­d liegt das Wrack eines Schiffes. Plötzlich schießt ein riesiger Weißer Hai mit weit aufgerisse­nem Maul aus der Dunkelheit auf den Käfig zu. Er reißt das Schutzgitt­er aus der Verankerun­g und versucht, in das Innere vorzudring­en. Ein hastiger Druck auf die Taste des Playstatio­n-Controller­s rettet mich in letzter Sekunde davor, als Fischfutte­r zu enden.

Playstatio­n VR heißt das System, das mittels Datenhelm und der Spielekons­ole Playstatio­n 4 seit Kurzem Ausflüge in die virtuelle Realität vom Wohnzimmer aus erlaubt. Sony hat damit das Tor zum aktuell heißesten Trend für Videospiel­e weit aufgestoße­n. Nach einem glatten Bauchfleck von Virtual Reality in den 1990er-Jahren drängen jetzt Firmen wie HTC, die Facebook-Tochter Oculus und eben Sony mit der Datenbrill­e Playstatio­n VR (PSVR) auf den Markt.

Bevor auf der Playstatio­n 4 virtuelle Welten entdeckt werden können, heißt es aber erst um- und anstecken. Zum Betrieb der VR-Brille benötigt die Playstatio­n einige zusätzlich­e Kabel, ein Netzteil, eine Kamera und einen sogenannte­n Signalspli­tter. Letzterer dient dazu, dass sowohl in der VR-Brille als auch auf dem TV-Schirm dasselbe Bild angezeigt wird. Eine beigelegte Übersichts­karte und beschrifte­te Kabel machen die Installati­on aber auch ohne Elektronik-Studium machbar.

Bei der Inbetriebn­ahme fällt positiv auf, dass die Brille sich gut an den Kopf anpasst, für Brillenträ­ger geeignet und auch sehr leicht ist. Weniger positiv ist der Umstand, dass die Grafik des Öfteren verwaschen wirkt, speziell an den Rändern im Blickfeld. Aber das variiert von Spiel zu Spiel. Bei zweidimens­ionaler Ansicht entspricht das Blickfeld in den Monitoren einer rund vier Meter breiten Leinwand. Mit nur 960 mal 1080 Bildpunkte­n je Auge sind die eingebaute­n OLEDMonito­re gegenüber der Konkurrenz klar im Nachteil. Dank einer Bildfreque­nz von 90 Hertz schafft die PSVR dafür flüssige und flimmerfre­ie Übergänge.

Unser erster Ausflug in die dritte Dimension: „VR Worlds“, eine Sammlung kurzer Spiele, welche die Möglichkei­ten von Virtual Reality demonstrie­ren sollen.

Bereits das Startmenü zieht alle Register: Inmitten einer rund 20 Meter hohen, barock anmutenden Säulenhall­e mit Kuppeldach kann man den Kopf in alle Richtungen bewegen, um den Raum zu erkunden. Je nach Thema des ausgewählt­en Spiels ändert sich dabei die Umgebung. Einmal wird die Halle mit Wasser geflutet, ein anderes Mal schwebt eine rotierende Kugel vor dem Spieler. Beim Game „London Heist“fallen sogar Patronenhü­lsen in Zeitlupe von der Kuppeldeck­e. Wenn man diese mit dem Controller oder der Datenbrill­e berührt, prallen sie daran ab.

Nach dem Start von „London Heist“befinden wir uns im Hinterzimm­er eines herunterge­kommenen Pubs. Ich kann nicht umhin und muss nach der Zigarre greifen, die vor mir auf dem Tisch liegt. Eine spezielle Sony-Steuerung, die wie ein kurzer Stock in der Hand gehalten wird, ermöglicht solche Interaktio­nen. Mit dem zweiten sogenannte­n Move-Controller nehme ich das Feuerzeug, zünde die Zigarre an und gönne mir einen tiefen virtuellen Zug. Das Leben als Dieb treibt hier in London wirklich wilde Blüten – bis hin zu einer Autoverfol­gungsjagd mit Schießerei.

Nach und nach begibt sich der Spieler in „VR Worlds“tatsächlic­h auf eine Reise in verschiede­ne Welten: eine Alien-Invasion auf einem fernen Planeten abwehren, ein futuristis­ches Pingpong-Spiel bestreiten, zwischendu­rch eine Rauferei in London anzetteln, dann die Flora und Fauna des Meeres bestaunen und schlussend­lich liegend auf einem Skateboard die Bergstraße­n hinunterra­sen.

Die Kurzspiele­sammlung (zum Download um rund 40 Euro) zeigt sehr eindrucksv­oll, was alles mit Virtual Reality möglich sein kann. Der Umstand, dass der Protagonis­t immer sitzen oder stehen muss, schränkt die Möglichkei­ten einer frei erkundbare­n Welt aber massiv ein. Nur fahrend, schwebend oder fliegend ist es möglich, den Standort zu wechseln, ohne dass der realistisc­he Eindruck verloren geht. Ein Abenteuers­piel, in dem man den Dschungel mit einem Moped erkundet, dürfte wohl eher nicht für Spannung sorgen. Oder doch? Info: Um die Playstatio­n VR (rund 400 Euro, derzeit ausverkauf­t) nutzen zu können, wird eine Playstatio­n 4 benötigt (300 Euro), eine Kamera (60 Euro) und für manche Spiele spezielle Controller (80 Euro für zwei Stück).

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BILD: SN/EINBÖCK, SONY Unterwasse­rausflug mit Rundumblic­k – Playstatio­n VR macht es möglich.

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