TTIP-Gespräche sollen nach der US-Wahl neu starten
Angesichts des Widerstands gegen das jetzt besiegelte Handelsabkommen mit Kanada fordern Österreich und Luxemburg einen anderen Ansatz in den Verhandlungen mit den USA.
Der Handelspakt der EU mit Kanada wurde mit dreitägiger Verspätung am Sonntag in Brüssel unterzeichnet. Nach dem massiven Widerstand gegen das Handelsabkommen CETA mit Kanada fordern Luxemburg und Österreich einen Neustart der Verhandlungen mit den USA über das TTIPAbkommen nach der Präsidentschaftswahl in Amerika. „Das Verhandlungsmandat braucht klarere Kanten“, sagte Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn. Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner erklärte: „So wie bisher kann die europäische Handelspolitik nicht weitermachen. Daher müssen wir auch bei TTIP umdenken. Wir brauchen dort einen Neustart mit einem anderen Verhandlungsmandat.“Bei Handelsabkommen müsse mehr Transparenz gelten, verlangte Asselborn. „Wir haben das TTIPMandat erst 2015 veröffentlicht. Man muss sich da nicht wundern, wenn in der Öffentlichkeit Misstrau- en entsteht.“Die EU-Kommission müsse künftig auf Basis eines Mandats verhandeln, das in einem öffentlichen Prozess erlassen werde. Es müsse klar sein, „welche Teile eines Abkommens in europäische Kompetenz fallen und über welche Teile nationale Parlamente entscheiden“.
BRÜSSEL. Am Ende hatten es alle recht eilig. Am Freitagabend gaben die belgischen Regionalparlamente tatsächlich grünes Licht für das Handelsabkommen zwischen EU und Kanada (CETA), kurz darauf kamen aus allen Ländern die Unterschriften. Damit war der Weg für die Unterzeichnung frei und EU-Ratspräsident Donald Tusk kündigte noch in der Nacht an, dass der EUKanada-Gipfel, der am Donnerstag wegen des Vetos der Wallonen geplatzt war, noch am Sonntag nach- geholt werde. Offenbar wollte er nicht riskieren, dass die Kritiker des Abkommens, die am Sonntag vor dem Ratsgebäude erneut demonstrierten, neue Hürden finden.
Die Ankunft des kanadischen Premierministers Justin Trudeau in Brüssel verzögerte sich zwar um zwei Stunden, weil sein Flugzeug kurz nach dem Start in Ottawa aus technischen Gründen umkehren musste. Um 14 Uhr konnte er dann doch gemeinsam mit Ratspräsident Tusk, EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und dem slowakischen Regierungschef Robert Fico den umfassenden Wirtschaftsund Handelsvertrag feierlich unterzeichnen.
„Ende gut, alles gut“, sagte EUKommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Empfang von Trudeau in Brüssel. Tusk betonte die politische Bedeutung der engen Zusammenarbeit. „Die Alternative zu freiem Handel sind Isolation und Protektionismus (. . .), eine Rückkehr zu nationalen Egoismen und damit die Gefahr gewaltsamer Konflikte“, warnte er. Trudeau sagte, drei Tage Verzögerung machten keinen großen Unterschied, gemessen an den positiven Effekten, die das Abkommen für Jahrzehnte haben werde.
Mit der Unterzeichnung von CETA ist ein wichtiger Schritt erledigt. Sobald das EU-Parlament – spätestens im Jänner – zugestimmt hat, tritt das Handelsabkommen vorläufig in Kraft. Ausgenommen sind jene Teile, die in nationale Zuständigkeit fallen, wie etwa der umstrittene Investorenschutz. Bis CETA im ganzen Umfang gilt, kann es dauern. Etliche EU-Staaten, darunter Österreich, hatten darauf bestanden, dass auch alle nationalen Parlamente CETA zustimmen müssen. Fristen gibt es dafür nicht, außerdem hat etwa Wallonien in einer Erklärung (die CETA beigefügt wurde) angekündigt, den Investorenschutz so nicht zu ratifizieren.
Um Vetodrohungen und Verzögerungen künftig zu vermeiden, fordern EU-Kommission und Parlamentarier eine klarere Aufteilung, wer wofür in der Handelspolitik zuständig ist. Erkenntnisse erhofft man sich vom Urteil des Europäischen Gerichtshofs, der im Kontext mit dem Handelsabkommen der EU mit Singapur derzeit prüft, wie weit die Kompetenz der EU geht.