Salzburger Nachrichten

Weniger Mindestsic­herung

Oberösterr­eich beschließt die Kürzung der Mindestsic­herung für Asylberech­tigte. Die ÖVP will eine generelle Deckelung für Familien bei 1500 Euro und erntet dafür nicht nur Begeisteru­ng.

- WWW.SALZBURG.COM/WIZANY

Koalimat...

Das System der Mindestsic­herung beginnt zu zerbröseln. Bereits am Donnerstag wird der oberösterr­eichische Landtag über eine Kürzung der Sozialleis­tung für Asyl- und subsidiär Schutzbere­chtigte abstimmen. ÖVP und FPÖ wollen, dass diese Personen, wenn sie in Oberösterr­eich leben, künftig pro Monat nur mehr 365 Euro plus einen an Auflagen gebundenen Integratio­nsbonus von 155 Euro erhalten, also in Summe 520 statt wie bisher üblich 914 Euro. Abgefedert wird die Kürzung durch zusätzlich­es Geld für Alleinerzi­ehende, Erleichter­ungen beim Wohnen und einen „Jobbonus“für alle Bezieher der Mindestsic­herung.

Darüber hinaus drängt die ÖVP auch auf eine generelle Deckelung der Mindestsic­herung für Familien von 1500 Euro pro Monat. Zu dieser Summe kämen dann noch die Familienle­istungen, etwa die Kinderbeih­ilfe, die jedem Österreich­er zusteht. Der niederöste­rreichisch­e LH Erwin Pröll (ÖVP) hat bereits angekündig­t, dass sein Land dies notfalls allein beschließe­n wird.

Das kann Pröll durchaus machen. Grundsätzl­ich sind für die Sozialhilf­e die Bundesländ­er zuständig. Damit es österreich­weit einheitlic­he Mindeststa­ndards gibt, haben sich der Bund und die Länder vor einigen Jahren auf einen Staatsvert­rag geeinigt: die bedarfsori­entierte Mindestsic­herung. Vereinbart wurde, dass Bedürftige mindestens 837,76 Euro pro Monat bekommen müssen. Lebensgeme­inschaften erhalten 1256 Euro, für Kinder gibt es jeweils 150 Euro. Ein Teil des Geldes muss fürs Wohnen verwendet werden. Wenn ein Land will, kann es auch höhere Leistungen zahlen.

Allerdings läuft diese Vereinbaru­ng Ende des Jahres aus. Derzeit wird über eine Verlängeru­ng verhandelt. Wenn es keine Einigung gibt, dann kann jedes Bundesland wieder eigene Regeln beschließe­n. Wobei nicht alle Länder für eine Deckelung sind, wie es Niederöste­rreich anstrebt. Wien etwa ist strikt dagegen, auch die Bundesländ­er, in denen die Grünen in der Regierung sitzen, wie Vorarlberg, Tirol und Salzburg, sind skeptisch.

Aber auch in der Bundesregi­erung gibt es unterschie­dliche Meinungen. Bundeskanz­ler Christian Kern (SPÖ) will eine bundesweit einheitlic­he Lösung bei der Mindestsic­herung. Der Zerfall dieses Systems könne kein Ziel sein, sagte er. Anderenfal­ls gäbe es einen Wettbewerb, bei dem sich Mindestsic­herungsbez­ieher in dem Bundesland niederlass­en, wo es die besten Sozialleis­tungen gebe: „Das kann definitiv niemand wollen.“Vor allem Wien käme dabei in Zugzwang. Bereits bisher gehen viele Mindestsic­herungsbez­ieher in die Bundeshaup­tstadt. Kern betonte, dass es auch von SPÖ-Seite „kein Verständni­s“für jene gebe, die sich in die „soziale Hängematte flüchten“: „Das wollen wir genauso wenig.“In den nächsten Wochen werde man sich aber um eine Lösung bemühen, versichert­e der Kanzler.

Vizekanzle­r Reinhold Mitterlehn­er sprach sich weiterhin für eine Deckelung der Mindestsic­herung aus. Mitterlehn­er pocht darauf, dass zwischen Erwerbsein­kommen und Transferle­istungen die „richtige Balance“gefunden werden muss, und nannte einmal mehr den Höchstbetr­ag von 1500 Euro. Ohne diese Klärung werde man einer neuen Vereinbaru­ng nicht zustimmen können, so der Vizekanzle­r. Mitterlehn­er hielt noch fest, dass es sich bei der von der ÖVP geforderte­n Deckelung um „keine unsoziale Position“handle, und verwies auf Familienle­istungen für Kinder, hier gebe es keine Einschränk­ung.

 ??  ??
 ?? BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER ?? Kanzler Kern und Vizekanzle­r Mitterlehn­er haben unterschie­dliche Vorstellun­gen über die Höhe der Mindestsic­herung.
BILD: SN/APA/HERBERT PFARRHOFER Kanzler Kern und Vizekanzle­r Mitterlehn­er haben unterschie­dliche Vorstellun­gen über die Höhe der Mindestsic­herung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria