Koalition ist bei Ordnung im Raum fast einig
Schwarz-Grün ist beim Raumordnungsgesetz im Finale: Fix sind befristete Widmungen, Infrastruktur- und Zweitwohnsitzabgabe. Offen ist, ob sich heuer der Beschluss ausgeht.
Die Landesregierung ist dabei, ein fast schon blamables Problem zu lösen. Denn seit zwei Jahren wurde koalitionsintern über ein neues Raumordnungsgesetz (ROG) diskutiert. Nach der letzten Verhandlungsrunde diese Woche ist man sich beinahe über alle Punkte einig. Handelsgroßbetriebe: Raumordnungsreferentin Astrid Rössler (Grüne) sagt, dass man da sehr restriktiv sein wolle: „Handelsgroßbetriebe soll es in peripheren Lagen, also auf der grünen Wiese, nicht mehr geben.“
Befristete Widmungen: Das Land will von einer Vorrats- auf eine Bedarfswidmung umsteigen. Umgesetzt wird das, indem künftig neue Widmungen nur mehr befristet erteilt werden. Die Frist dürfte zehn Jahre betragen. Damit erspart man den Bürgermeistern die oft aufwendigen und rechtlich komplizierten Rückwidmungen. ÖVP-Landesgeschäftsführer Wolfgang Mayer: „Das ist ein klares Ende für die Spekulation mit Baugrund und ein revolutionärer Schritt.“ Infrastrukturabgabe: Einig ist man auch darüber, den Überhang an gewidmetem, aber nicht genutzten Bauland abzubauen. Möglich machen soll das eine Infrastrukturabgabe auf solche Flächen. Sie soll aber auf Wunsch der ÖVP erst fünf Jahr nach In-
krafttreten des neuen Gesetzes wirksam werden. Rössler: „Offen ist nur noch die Höhe. Diskussionsgrundlage sind zwei Euro pro Quadratmeter und Jahr.“Das soll für die Landeshauptstadt gelten. In den Bezirken soll es weniger sein. Wohnbau-Landesrat Hans Mayr wird ein Modell ausarbeiten. Mayr: „Es könnten vier Kategorien werden.“Außerdem soll es die Möglichkeit geben, dass Grundeigentümer selbst einen Antrag auf Rückwidmung stellen, um der Abgabe zu entgehen.
Zweitwohnsitzabgabe: Konsens ist, künftig strenger gegen illegale Zweitwohnsitze vorzugehen. Hebel dazu ist eine Zweitwohnsitzabgabe „in Höhe von einigen Euro pro Quadratmeter“, sagt Hans Mayr. Offen ist noch die rechtliche Form: Eine Möglichkeit wäre ein Aufschlag auf die besondere Ortstaxe, die laut derzeitigem Recht zu je 50 Prozent an Land und Gemeinde ginge. Der Vorteil einer expliziten Zweitwohnsitzabgabe wäre, dass sie zu 100 Prozent an die Gemeinde ginge. Das wäre ein höherer Anreiz für die Bürgermeister, sie auch einzuheben.
Hauptwohnsitzgebot: Außerdem will die Koalition illegale Zweitwohnsitze durch Verschärfungen im Grundverkehrs-Bereich bekämpfen. Geplant ist, dass im ROG definiert wird, welche Kriterien ein Hauptwohnsitz erfüllen muss. Wer die Kriterien nicht erfülle, habe automatisch einen illegalen Zweitwohnsitz. Das wäre ein faktisches Hauptwohnsitzgebot, das künftig auch Grundlage jeder Widmung sein solle, sagt Wolfgang Mayer – und: „Derzeit braucht es über 30 Verfahrensschritte, um eine Zwangsversteigerung zu erreichen.“Dieser Weg solle deutlich verkürzt werden. Angedacht ist, eine erhöhte Mitwirkungspflicht der Bewohner einzuführen. Diese sollen etwa ihre Daten für Wasserund Stromverbrauch bekannt geben müssen – was den Gemeinden in der Beweisführung helfen würde.
Leerstandsabgabe: Darüber gibt es noch keinen Konsens – auch, weil eine reine Abgabe auf leere Wohnungen verfassungswidrig ist. Mayr wie Mayer betonen aber, dass hier eine rechtliche Hintertür möglich wäre: Wenn nachgewiesen werde, dass leer stehende Wohnungen automatisch illegale Zweitwohnsitze wären, könne man dies über die Zweitwohnsitzabgabe besteuern. Was kommt nicht? Die Grünen wollten eine fixe Vorschrift, dass Gemeinden ab einer bestimmten Anzahl an vorgemerkten Wohnungssuchenden Vorbehaltsflächen für geförderten Wohnbau ausweisen müssen. Das lehnt die ÖVP definitiv ab. Landesrat Hans Mayr hält aber seinen Kompromissvorschlag für durchsetzbar: Er wünscht sich, „dass Flächen für förderbaren Wohnbau eine neue Widmungskategorie werden“. Definitiv nicht kommen werden die von Rössler ins Spiel gebrachten Mindestbebauungsdichten – aufgrund von Ortsbild-Bedenken bei Mayr und eines ÖVP-Vetos.
Der Zeitplan: Astrid Rössler betont, dass es noch vor Ferienbeginn eine endgültige Einigung geben soll. Über den Sommer würden dann die Legisten das Gesetz fertig schreiben. „Im Herbst kommt die vier- bis sechswöchige Begutachtung. Theoretisch wäre noch im Dezember ein Beschluss im Landtag machbar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass es erst im Frühjahr 2017 dazu kommt“, sagt Rössler. Denn Qualität gehe vor Eile. Das sorgt für Ärger bei SPÖ-Chef Walter Steidl: „Ich glaube nicht, dass die Koalition das Gesetz heuer noch schafft. Wenn doch, würde ich mich freuen. Aber Applaus gibt’s für dieses Tempo keinen mehr.“
„Das Gesetz könnte auch erst 2017 beschlossen werden.“Astrid Rössler, LH-Stellvertreterin