Riesige Mengen Kinderpornos entdeckt
In Tirol wurden Videos mit 62 Tagen Abspieldauer sichergestellt. Warum das kein Einzelfall ist und wie man Kinderporno-Webseiten meldet.
WIEN, INNSBRUCK. Ein 41-jähriger Tiroler steht im Verdacht, minderjährige Mädchen und Buben über viele Jahre nicht nur sexuell missbraucht, sondern die Handlungen gefilmt und die Aufnahmen weitergegeben zu haben. Beamte des Landeskriminalamts Tirol und des Bundeskriminalamts hatten den Mann schon länger observiert. Dieser sitzt nun in Haft.
Der 41-Jährige soll über die Kommunikationsplattform Skype mit einem gleichgesinnten User Kontakt gehabt haben. Im Rahmen persönlicher Treffen dürfte er Material mit kinderpornografischem Inhalt getauscht haben. Bei einer Hausdurchsuchung stießen die Ermittler auf kaum vorstellbare Datenmengen. Allein die aufgenommenen Videos des Mannes haben eine Gesamtabspieldauer von 62 Tagen. Darüber hinaus hatte der Verdächtige mehr als eine Million Dateien gespeichert. Die Auswertung der beschlagnahmten Aufnahmen (Fotos und Filme) förderte weitere Details zutage: Der 41-Jährige hatte die von ihm durchgeführten Missbrauchshandlungen an Kindern selbst dokumentiert.
Der Mann soll unter anderem Mädchen und Buben, die heute zwischen sechs und 13 Jahre alt sind, über einen Zeitraum von mehreren Jahren zunächst betäubt und dann missbraucht haben. Die Kinder, die sich an die Missbräuche nicht erinnern können, waren ihm von Bekannten zum Aufpassen anvertraut worden. Insgesamt konnten ihm 26 verschiedene sexuelle Übergriffe nachgewiesen werden. Die angefertigten Aufnahmen verbreitete er anschließend im Internet.
Die Spur führte die Ermittler nach Deutschland, wo in Zusammenarbeit mit dem Bundeskriminalamt Wiesbaden fünf weitere Verdächtige ausgeforscht werden konnten. Sie sollen mit dem inzwischen inhaftierten Tiroler in Kontakt gestanden sein.
Das Horten großer Datenmengen kinderpornografischen Materials sei bei Pädophilen typisch, sagt Maximilian Schubert, Generalsekretär der Internet Service Providers Austria (ISPA). „Sie sammeln Material, das im Internet nur selten angeboten wird, sondern meist in geschlossenen Usergruppen. Man kommt da nur rein, wenn man selbst etwas Derartiges anzubieten hat.“
Ein Projekt der ISPA ist Stopline, eine Online-Meldestelle für Kinderpornografie im Netz. Jede einzelne Meldung wird von einem Experten überprüft. Im Vorjahr wurden 4648 Fälle gemeldet, wovon man 754 an das Bundeskriminalamt weitergeleitet hat. Dort wird ermittelt, wer den Platz für die betreffende Web- seite zur Verfügung stellt. „Wir rufen dann vorab bei dem Anbieter an, um ihn zu informieren, dass sich die Polizei melden wird. Dieser Vorgang hat sich bewährt, weil sonst die Gefahr bestünde, dass in einer Kurzschlussreaktion alles gelöscht wird, bevor die Ermittler die Beweise sichern können“, erläutert Schubert.
Nicht zuletzt dank Stopline wurden 2015 in Österreich 465 Delikte nach Paragraf 207a StGB (Pornografische Darstellungen Minderjähriger) angezeigt; ein Wert, der seit 2007 etwa gleich hoch ist. 304 Anzeigen wurden im Vorjahr wegen schweren sexuellen Missbrauchs Unmündiger (Paragraf 206 StGB) erstattet, wie das Bundeskriminalamt berichtete. Stopline ist auch Mitglied eines internationalen Netzwerks von Meldestellen. Im Schnitt gelingt es, den Inhalt der betreffenden Seiten nach Meldung und Beweissicherung durch die jeweilige Exekutive innerhalb von 72 Stunden zu löschen.
Die Meldungen erfolgen, so Schubert, fast ausschließlich anonym: „In der Regel sind Personen auf herkömmlichen Porno-Webseiten unterwegs und stoßen zufällig auf Kinderpornografie, die sie dann melden. Aber niemand möchte seinen Namen in einem Gerichtsakt finden oder sonst wo in der Öffentlichkeit. Deswegen ist Anonymität so wichtig.“
„Das Horten großer Datenmengen ist typisch.“