Ein Maler legt Fährten zu unsichtbaren Porträts
SALZBURG. Geheimnisvolle Figuren – ob als Porträts, Rückenansichten oder Gesichter, die aus einem indifferenten schwarzen Raum hervortreten – sind Bertram Hasenauers dauerhaftes Thema. In seinen bisherigen Werkserien lag der Schwerpunkt auf dem Porträt, auf dunklen Augen, die seelenvoll durch ihre Betrachter hindurchzuschauen vermochten, auf abgewandten Männern und Frauen, deren glattes, akkurat gekämmtes Haar den Blick auf ihr Antlitz verbarg. Dann kamen Gemälde, in denen Hasenauer seine Porträtierten allmählich zurücktreten ließ – die Bildnisse hinter einem wei- ßen transparenten „Schleier“zu verbergen begann.
In den jüngsten Werken ist das Gesicht gänzlich verschwunden, das Thema Porträt aber dennoch vorhanden. „Meine Figuren waren schon immer sehr konzentriert und sehr bei sich. Auch im Porträt war vieles – ihre Individualität, ihr Gemütszustand – nicht zu sehen, sondern zu ahnen“, sagt Hasenauer. Niemals das Bildnis oder die individuelle Figur eines real existierenden Menschen, sondern Typen sind es, die der Künstler malt.
Dieses Typische, eine Idee Verdeutlichende wird auch in den immer wieder gewählten gleichen Bildtiteln sichtbar: „You somehow slip away“hieß es schon vor zehn Jahren, als die Dargestellten entrückt, teilnahmslos, eben „irgendwie entschlüpft“schienen und in einem Augenblick geistiger Abwesenheit gezeigt wurden.
Jetzt haben sie sich wesentlich weiter davongemacht, sind nur noch in Körperfragmenten vorhanden, die umso neugieriger auf das Erahnen ihrer gesamten Figur machen. Wie mag die Frau im roten weiten Kleid mit spitzem Ausschnitt aussehen, deren Hand unter einer Falte des Kleides steckt? Hasenauer hat das Porträt schrittweise aus dem Bild gedrängt, Lücken geschaffen, die formal zwischen der Andeutung von Menschlichem und gleichzeitig der abstrakten Fläche liegen. In wiederkehrenden Bildtiteln wie „Still Hanging on to What May Be“legt der Künstler seine Fährte weiter: Einmal wird der Betrachter damit aufgefordert, beim Anblick des Gemäldes zu verweilen und seiner Fantasie zu folgen. Das andere Mal wird auf die Situation oder die Gemütslage dieser rot gekleideten Person verwiesen, auf ihr Abwarten all dessen, was sein könnte. Hasenauer schafft mit dem bisschen sichtbarer Haut Intimität und den Wunsch, mehr von dieser menschlichen Figur zu sehen. Seine technische Handhabe, eine indifferente Lichtquelle zu malen, der Einsatz eines leuchtenden Rot, der Faltenwurf des Kleides machen Hasenauers Liebe zum Altmeisterlichen sichtbar. Diese Figur in Rot kann eines seiner typischen androgynen urbanen Wesen sein, aber auch der Verweis auf Hasenauers Praxis, Historisches zu reflektieren. Das leuchtende Rot der neuesten Serie schafft Bezüge zur Malerei des Spätmittelalters wie der Renaissance. Einmal mehr hat der Künstler seine Fährte gelegt und mit seinen Körpern Transmitter zwischen dem Hier und Jetzt, dem Dort und Einst geschaffen.
„Die Individualität der Figuren ist nicht zu sehen, nur zu erahnen.“
Ausstellung: