Marcel Hirscher ist am Ziel
Es ist vollbracht: Marcel Hirscher hat zum fünften Mal in Folge den Gesamtweltcup gewonnen. Danach trafen die SN einen erschöpften Sportler, der dem Druck jedoch standgehalten hat. Daten & Fakten 50 Jahre Weltcup
Als erster Ski-Rennläufer überhaupt hat Marcel Hirscher am Wochenende zum fünften Mal in Folge den Gesamtweltcup gewonnen. Der Triumph täuscht etwas. „Es war mein härtester Kampf, leicht ging heuer gar nichts“, sagt er im SN-Interview
KRANJSKA GORA. Doppelsieg, fünfte Weltcupkugel und persönlicher Punkterekord – wer dachte, dass Marcel Hirscher nach dem Wochenende in Kranjska Gora auf Wolke sieben schweben würde, der sah sich getäuscht. Die SN trafen in Slowenien vor allem einen erschöpften Marcel Hirscher an.
SN:
Sie haben lange alle Gratulationen abgelehnt – mittlerweile darf man aber schon gratulieren?
Hirscher: Es ist schwierig für mich. Die Kugel habe ich gefühlsmäßig erst gewonnen, wenn ich sie in den Händen halte. Aber ich kann mich mit dem Gedanken schon anfreunden.
SN:
Fünfter Gesamtweltcup und Punkterekord – man könnte glauben, dass dies Ihr bestes Jahr im Weltcup war?
Ja, das könnte man glauben, wenn man sich nur die Statistik anschaut. Aber es war in Wirklichkeit die Saison mit meinen härtesten Fights, die ich je hatte. Leicht ist mir heuer nichts gefallen, es ist alles ein harter Kampf gewesen. Ich habe ständig an oder über das Limit gehen müssen.
SN: Das bin ich auch, aber da will ich jetzt nicht jammern, in einer Woche, ach was, in drei Tagen ist alles vorbei. Darum freue ich mich jetzt auf das Weltcupfinale in St. Moritz, da kann ich Ski fahren und voll loslegen, ohne zu taktieren oder an irgendwelche Punktestände zu denken. Dann geht Ski fahren leicht von der Hand. Das war vielleicht ein Teil des Erfolgs im Super G. Da hat sich niemand etwas von mir erwartet, ich auch nicht. Gut, das hat sich jetzt auch geändert.
SN: Diese Sichtweise stimmt. Aber ich möchte noch ein paar Jahre erfolgreich sein.
SN: Die Anspannung war nicht größer als in den letzten Jahren, aber anders. Wenn ich mir teilweise die Schlagzeilen in diesem Winter angesehen habe, dann war ich immer unter Druck, da konnte ich eigentlich nur verlieren. Ich lebe jetzt schon Jahre damit, aber einfacher wird es dadurch auch nicht. Ich selbst habe oft gemerkt, dass ich persönlich am Limit bin. Da leidet dann auch das engste Umfeld darunter. Andererseits kann ich mich immer unter Druck steigern, das war jetzt im Riesentorlauf auch so.
SN: 20 Jahre Erfahrung im Skisport, ein Team hinter mir, in dem jeder alles gibt und jeder weiß, was er zu tun hat, und die Bereitschaft, immer alles zu hinterfragen.
SN: Girardelli hat gewonnen, da war ich noch nicht auf der Welt. Und wie es bei Hermann Maier war, will ich auch nicht aus der Ferne beurteilen. Aber wenn ich mir mein Team ansehe, dann spricht doch einiges dafür. Da hat jeder alle Hände voll zu tun, da gibt es keine Stehzeiten. Ich allein habe zwei Serviceleute und die haben im Winter wirklich keine freie Minute. Das kann es in einer großen Trainingsgruppe in der Art gar nicht geben.
SN:
Das
sollen andere
beurteilen. Um dorthin zu kommen, wo ich heute sein darf, braucht es sicher einmal ein Talent, aber irgendwann geht es nur mehr mit harter Arbeit. Die Erfolge in dieser Saison waren harte Arbeit.
SN: Um Gottes willen, jetzt bleiben wir einmal ganz im Hier und Jetzt und fahren einmal die Saison fertig und reden mit Sicherheit nicht über die sechste Kugel. Nach der Saison werde ich mir dann Gedanken machen, was noch Reiz für mich hat. Aber jedes Jahr eine Kugel mehr, das kann es nicht sein.
SN: Natürlich bin ich stolz, es wäre falsch, wenn ich das abstreiten würde. Aber das Gefühl, dass ich etwas Historisches geleistet habe, wird sich später einstellen. Dann wünsche ich allen Nachfolgern viel Spaß beim Versuch, das aufzuholen.