Der Roboter in der Apotheke nutzt den Kunden
Pharmazeut Wolfgang Lanner aus Neumarkt erzählt, wie der Apparat seinem Team Zeit spart.
NEUMARKT. Viele der mehr als 1300 Apotheken in Österreich haben mit wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen. Einerseits wurde die Konkurrenz auf Druck der EU durch eine gelockerte Bedarfsprüfung größer, andererseits kam noch der Versandhandel hinzu. Bei Wolfgang Lanner aus Großgmain war der Schritt in die Selbstständigkeit dennoch eine klare Sache. Man arbeite zwar wesentlich mehr, aber dafür mache es umso mehr Spaß, sagt der 39-Jährige, der früher in Krankenhausapotheken tätig war.
Im Jahr 2012 übernahm Lanner die Apotheke zum goldenen Engel in Neumarkt am Wallersee. Über Frequenz kann er nicht klagen, mehr als 300 Kunden kommen täglich. In der Kleinstadt im Flachgau gibt es ein florierendes Fachärztezentrum, im Einzugsgebiet der Apotheke sind 20 Ärzte tätig. „Jeder will eigene Salben oder sonst etwas Spezielles“, sagt der Apotheker. Er gestaltete bei der Übernahme nicht nur die Verkaufsräume großzügig um, mehr als 100.000 Euro flossen auch in eine maßgeschneiderte Logistiklösung. Das ist ein Roboter, der auf das Einlagern und Ausgeben von rezeptpflichtigen Medikamenten programmiert ist. Der Automat erhält die Befehle über das Kassensystem vom Personal, wählt das gewünschte Präparat aus und liefert es über Förderbänder zu zwei Ausgabestellen im Verkaufsraum. Dadurch muss sich das Personal nicht von den Kunden abwenden, sondern nur hinter sich greifen. Die Zeit kann gezielt für Beratung oder andere Fragen genutzt werden. Er habe nun sogar drei Mitarbeiter mehr als früher, sagt Lanner. Und die hätten Zeit, bestimmte Tees oder Salben sofort zu mischen.
Die Apotheke zum goldenen Engel befindet sich in einem denkmalgeschützten Gebäude aus dem Jahr 1632 an der Hauptstraße. Entsprechend eng sind die Durchgänge zwischen den Räumen, die Gewölbe im Lager, und zwischen dem Verkaufsraum und dem Büro- und Lagerbereich sind auch noch drei Stufen.
Flüssige Präparate wie Nasentropfen oder Hustensaft werden nicht dem Roboter überlassen, da die Bruchgefahr zu hoch wäre. In der Auswahl der Schubladen ist die Anlage autonom. Es wird nicht geschlichtet, sondern dort eingela- gert, wo Platz ist. Bis zu 16.000 Packungen sind in vier Boxen vorrätig. Der Roboter merkt sich die Ablaufdaten und managt so die Lagerhaltung. Den Effekt durch „Robie“, wie das Team der Neumarkter Apotheke den Roboter nennt, beschreibt Lanner so: „Er nimmt niemandem Arbeit weg, aber er übernimmt blöde Arbeiten.“In der Apotheke sei dadurch das Hektische, das durch hin und her laufendes Personal und ständige Rückfragen entstehe, weg.
Elektronisch gesteuerte Helfer in Apotheken werden mehr: 2012 war Lanner erst der zweite Auftraggeber des deutschen Anbieters KLS in Österreich. Die steirische Logistikfirma Knapp AG aus Hart bei Graz installierte bereits vor 20 Jahren die ersten Kommissionierautomaten für Apotheken. In Österreich arbeiten derzeit 20 Apotheken mit dem deutschen System Apostore, an dem Knapp beteiligt ist.
„Ich habe sogar Personal aufgestockt.“Wolfgang Lanner, Apotheke Neumarkt