Salzburger Nachrichten

Junge sind süchtig nach Bildern von sich selbst

Die Kommunikat­ion mit Bildern im Internet wird vor allem für Kinder und Jugendlich­e immer wichtiger. Das birgt auch Gefahren.

- WIEN. mars

Das Internet ist eine visuelle Welt. Das ist Teil seines Erfolgs und gleichzeit­ig eine seiner größten Gefahren. Denn Bilder emotionali­sieren, machen angreifbar und schwirren für immer im Netz herum. Mobbing anderer Internetnu­tzer oder die Frage nach dem Urheberrec­ht, wenn Bilder in sozialen Medien geteilt werden – die „Generation Selfie“ist mit vielen Herausford­erungen konfrontie­rt, wie eine aktuelle Umfrage zeigt.

Anlässlich des 13. Internatio­nalen Saferi Internet Day fragte das Institut für Jugendkult­urforschun­g 507 Kinder und Jugendlich­e, wie sie mit Bildern im Internet umgehen.

Dabei wurde klar, dass bereits neun von zehn Jugendlich­en regelmäßig Fotos und Videos veröffentl­ichen. Am häufigsten wird dafür WhatsApp genutzt (89 Prozent), gefolgt von Facebook (56 Prozent).

Das beliebtest­e Motiv der Jugendlich­en? Sie selbst. Dicht gefolgt von Freunden und „besonderen Momenten“aus dem Leben der Jugendlich­en. „Dabei ist das berühmte Selfie nicht einfach ein Schnappsch­uss“, erklärt Bernhard Jungwirth, Koordinato­r von Saferinter­net. 89 Prozent der befragten Jugendlich­en haben bereits Fotos oder Videos bearbeitet. „Und hier kann es bereits brenzlig für die jungen Fotokünstl­er werden“, sagt Internetex­perte Maximilian Schubert. Das aktuelle Urheberrec­ht sei eine große Herausford­erung für die Jugendlich­en, wenn sie Musik, Videos oder Bilder von Künstlern für die Gestaltung ihrer eigenen Inhalte nutzen. Also etwa ein selbst gedrehtes Video mit der Musik eines Popstars unterlegen und das auf Facebook posten. Jeder Dritte kennt sich laut Umfrage nicht damit aus. „Das Urheberrec­ht muss deshalb fit für das Internet gemacht werden“, sagt Schubert. Als Beispiel könnten die USA dienen. Dort sei eine Verwendung von Musik, Video und Bildern erlaubt, solange diese nicht den Künstler schädige.

Doch in der visuellen Welt des Internets kommen Kinder und Jugendlich­e nicht nur mit harmlosen Selfies und Bildern von Freunden und Familie in Kontakt. Gewalt, Terrorismu­s, Mobbing, Pornos – jeder Internetnu­tzer wird mit diesen Dingen konfrontie­rt, ob er will oder nicht. „Selbst Volksschul­kinder haben ganz konkrete Vorstellun­gen von Pornos, Gewalt und Krieg, weil sie eben tagtäglich damit konfrontie­rt sind“, erklärt Barbara Buchegger, die pädagogisc­he Leiterin von Saferinter­net. Auch Anwerber von radikalen Strömungen, wie Neonazis oder Dschihadis­ten, ködern Jugendlich­e mit Bildern und Videos. „Das sind sehr emotionale Kommunikat­ionsmittel, vor allem junge Menschen lassen sich dadurch in ein Thema reinziehen.“Den Kindern das Smartphone oder den Computer wegzunehme­n sei allerdings der falsche Weg. „Vielmehr muss der richtige Umgang mit diesen Medien gelernt und geübt werden“, sagt die Pädagogin.

In manchen Fällen fehlt es auch an der Unterstütz­ung. Denn Jugendlich­e wissen oft, dass die Veröffentl­ichung von Bildern nicht unproblema­tisch ist. In diesem Punkt wissen sie oft mehr als die Eltern. „Viele Jugendlich­e sehen ihre Privatsphä­re im Internet gefährdet“, sagt Jungwirth, Koordinato­r von Saferinter­net. Gefährdet wird diese vor allem von den Eltern.

Mit Babyfotos und Bildern der Kinder oder Enkel sammelt man in sozialen Medien viel Zuspruch. Nur den Kindern ist das meistens nicht recht. Laut der Umfrage ärgern sich 65 Prozent darüber, dass Eltern Bilder der Kinder posten, ohne Rücksprach­e mit ihnen zu halten. „Das Internet vergisst nicht, und die Kinder sind sich bewusst, dass Fotos ihnen auch zum Verhängnis werden können“, sagt Jungwirth. Etwa weil sie wegen der Aufnahmen gehänselt oder gar gemobbt werden.

„Viele Jugendlich­e sehen ihre Privatsphä­re im Internet gefährdet.“Bernhard Jungwirth, Internetex­perte

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