Die hässlichen Europäer und die geläuterte Deutsche
Zwischen unkontrollierter Einwanderung und „Ausländer raus“-Geschrei erweist sich Europa als handlungsunfähig.
Angela Merkel wurde zur erfolgreichsten und mächtigsten Politikerin, als sie das erstarkte, harte, kurzum das hässliche Deutschland repräsentierte. Die Krönung dieser Demonstrationen der Härte bildete das Einschlagen auf Griechenland, mit dem sie „die Griechen“zum paneuropäischen Schimpfwort erhob. Griechenland wurde nicht saniert, sondern tiefer und tiefer in die Krise getrieben, aber die übrigen Europäer fühlten sich erhaben über die verachteten Hellenen.
Jetzt, da Angela Merkel für ein offenes, hilfsbereites Europa eintritt, das Flüchtlinge großzügig aufnehmen sollte, wird sie heftig attackiert, allerorten wird schon vom Ende ihrer Karriere geredet. Jetzt müsste Angela Merkel gefeiert werden, weil sie den Wechsel vom harten zum freundlichen, vom hässlichen zum schönen Deutschland betreibt. Das Gegenteil geschieht: Kein Applaus erklingt, Buhrufe sind an der Tagesordnung. Nicht nur in Deutsch- land, europaweit sind die Fremdenfeinde im Einsatz und bauen politische, geistige und handfeste Zäune.
Die Lehre: Europa will den Zaun und nicht die offene Grenze. Nicht nur das: Jeder Staat in diesem vermeintlich geeinten Europa baut seinen eigenen Zaun.
Nicht alle bekennen sich einfach zum Zaun. Viele betonen, dass sie durchaus für die Aufnahme der Flüchtlinge wären, man aber doch nicht Hunderttausende unkontrolliert nach Europa lassen könne. Jawohl. Das ist unbestritten der Schwachpunkt der Merkel’schen Politik. Nur: Wer hindert die zahllosen anderen Politiker, für eine entsprechende Kontrolle und Registrierung zu sorgen?
Die Logik lautet nicht, entweder unkontrollierte Einwanderung oder Zäune. Die Logik lautet, keine unkontrollierte Einwanderung, aber Registrierung an der Grenze, menschenwürdige Unterbringung in dem riesigen Euro- pa, in dem Platz für Millionen ist, Öffnung des Arbeitsmarktes und selbstverständlich polizeiliche Maßnahmen, um Kriminelle unter den Flüchtlingen zu arretieren.
Diese naheliegenden, praktischen Maßnahmen könnten dafür sorgen, dass Merkels Botschaft umgesetzt und von der Bevölkerung akzeptiert werden kann. Eine solche Einwanderungspolitik würde dem Kontinent nützen und zudem für eine Korrektur der extrem niedrigen Geburtenrate sorgen. Nur: Diesen Weg will Europa zum eigenen Schaden nicht gehen.
Eine Randbemerkung: Peinlich sind die Versuche demokratischer, eher fremdenfreundlicher Parteien, durch fremdenfeindliche Maßnahmen den Rechtspopulisten Stimmen abzujagen. Die fremdenfreundlichen Wähler sind angewidert, den Ausländerfeinden ist jeder Zaun zu klein und zu kurz.