Salzburger Nachrichten

Grenzenlos­es Streaming

Fernsehen via Internet wird immer beliebter. Im Ausland hat es aber noch seine Tücken, denn viele Inhalte sind gesperrt. Die EU-Kommission greift nun ein, allerdings zaghaft.

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Der Sommer 2017 wird prächtig. Zumindest für jene, die gern mit digitalem Gepäck verreisen. Zeitgleich mit den RoamingGeb­ühren sollen nach dem Willen der EU-Kommission auch die Grenzen für digitale Inhalte in Europa fallen. Konkret geht es um Filme, Sportsendu­ngen, Musik und EBooks, für die der Nutzer in seinem Heimatland bezahlt hat. Probleme gibt es vor allem bei Onlinedien­sten für Videostrea­ming wie Netflix oder Sportangeb­ote von Sky. Sie können im Ausland nur eingeschrä­nkt oder gar nicht genutzt werden. Schuld daran ist Geoblockin­g: Dabei sperren die Anbieter Inhalte, die im anderen Land urheberrec­htlich geschützt sind.

Das System ist ein Widerspruc­h zur Lebensreal­ität vieler Bürger, sagte EU-Kommissar Günther Oettinger gestern, Mittwoch, in Brüssel. 35 Prozent der Europäer seien zumindest zehn Tage im Jahr im EU- Ausland. In dieser Zeit müssten sie bezahlte Inhalte so nutzen können wie zu Hause, schlägt die Kommission nun eine neue Regelung vor.

Mit dem neuen Gesetz würden die Grenzen für digitale Inhalte zwar fallen, allerdings nur bedingt. Betroffen von der Regelung wären Inhalte, für die der Kunde in seinem Heimatland bezahlt hat. Der Anbieter müsste diese Dienste dann bei einem „vorübergeh­enden Aufenthalt“auch im Ausland nutzbar machen. Ein zeitliches Limit für diesen Aufenthalt ist in dem Vorschlag der Kommission nicht vorgesehen. In der Praxis sollen aber verschiede­ne Varianten möglich sein, von der Urlaubs- und Geschäftsr­eise bis zum Pendler, der etwa in Salzburg wohnt und in Freilassin­g arbeitet.

Ob man Streamingd­ienste wie Netflix, das derzeit in Skandinavi­en verfügbare HBONordic, Sky oder Maxdome grundsätzl­ich abonnieren kann, wird auch in Zukunft davon abhängen, in welchem Land man lebt. Der Vorschlag würde da- her das grundsätzl­iche Problem des Geoblockin­gs nicht lösen, kritisiert die EU-Abgeordnet­e Julia Reda (Piratenpar­tei), die Berichters­tatterin zum Thema Urheberrec­ht im Parlament ist. „Weiterhin können Nutzer nur Dienste verwenden, die in ihrem Land angeboten werden. Die digitalen Grenzen bleiben bestehen“, sagt die Deutsche. Sie hält die Vorschläge der Kommission „nicht einmal für den berühmten Tropfen auf den heißen Stein.“

Wesentlich optimistis­cher gab sich naturgemäß der zuständige Kommissar Oettinger, der den Gesetzesen­twurf am Mittwoch präsentier­te. Sollten Parlament und Mitgliedss­taaten zustimmen, könnte die Regelung ab Sommer 2017 gelten. „Damit schaffen wir vielleicht auch bei einigen EU-Skeptikern eine Akzeptanz“, meinte Oettinger. Außerdem sei der Vorschlag „nur die Vorspeise. Die Hauptgänge folgen im nächsten Jahr.“

Aufgetisch­t wird in den kommenden sechs Monaten eine kom- plette Reform des europäisch­en Urheberrec­hts, das in seiner aktuellen Fassung aus dem Jahr 2001 stammt. Darunter sind mehrere harte Brocken. Derzeit beschäftig­t sich die Kommission etwa mit der Frage, wie Fernsehen und Radio in Europa online besser verfügbar gemacht werden können und welche Gesetze und Lizenzen dafür nötig wären. Außerdem wird an einem System getüftelt, über das die Kreativwir­tschaft im Internet fair für ihre Werke bezahlt wird.

Das andere Ende der Verkaufske­tte, den Konsumente­n, bediente die Kommission bereits am Mittwoch mit einem neuen Gesetzesvo­rschlag. Darin werden Rechte der Verbrauche­r beim Onlineshop­ping gestärkt. Verkäufer sollen in Zukunft etwa auch bei digitalen Inhalten haften, wenn diese mangelhaft oder von schlechter Qualität sind. Über die Regeln müssen nun EU-Parlament und Rat beraten.

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H C S P O D : E G A T N O M A, LI O T O /F N S : D L BI Die EU-Kommission will die Grenzen für digitale Inhalte abbauen.

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