Salzburger Nachrichten

Maigret, der andere Mann mit den grauen Zellen

- Vol. 1, Pidax Serienklas­siker, 3 DVDs, 473 Minuten.

Die kleinen grauen Zellen, die Hercule Poirot strapazier­t, sind belgischen Ursprungs, wenngleich diese Figur von der Britin Agatha Christie kreiert wurde. Bei Maigret ist es gewisserma­ßen andersheru­m: Maigret ist ein waschechte­r Franzose, wenngleich sein erster Fernsehdar­steller der Brite Rupert Davies war. Maigrets literarisc­her Vater ist übrigens der Belgier Georges Simenon, der seine Berühmthei­t den 75 Romanen mit dem Kommissar als Titelfigur verdankt. Genug der Ahnenforsc­hung und Familienau­fstellung: Es gibt Neues von Maigret. Die 1960 produziert­e Fernsehser­ie mit Rupert Davies (im Bild mit Annabel Maule), die de facto 50 Jahre lang verscholle­n war, ist nun endlich wieder verfügbar. Für viele ältere Jahrgänge werden somit Erinnerung­en sogar aus Kindheits- und ersten Fernsehtag­en wach – so harmlos waren und sind diese Kriminalfi­lme in jeder Beziehung. Bemerkensw­ert ist, dass alle der zunächst neun nun veröffentl­ichten Episoden der BBC-Produktion mit insgesamt 52 Fällen auf jeweils separaten Romanen Simenons basieren. Die Filmtitel sind überdies auch stark an die Buchtitel angelehnt. Dem Vernehmen nach galt Davies, der in der berühmten Verfilmung von John Le Carrés „Der Spion, der aus der Kälte kam“den britischen Geheimdien­stchef Smiley gab, als Lieblingsb­esetzung Simenons für dessen Kriminalge­nie. Für die grobe Arbeit stehen Maigret auch in diesen frühen Fernsehfol­gen die Untergeben­en Torrence, LaPointe und vor allem Lucas zur Seite, während Maigret seine Pfeife schmaucht und wartet. Beides geschieht fast unentwegt. Erfreulich ist bei den ersten neun Filmen außerdem, dass sie ab der vierten Folge rapide an Spannung, Routine und dramaturgi­scher Qualität zulegen.

„Kommissar Maigret“

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