Venedig zeigt die Liebe in allen Variationen
VENEDIG. Elf Tage Kinowunder gehen zu Ende: Am heutigen Samstagabend vergibt die Jury unter Alfonso Cuarón (Regisseur von „Gravity“) die Silbernen und Goldenen Löwen und hat dabei die Wahl zwischen Wettbewerbsfilmen, die kaum unterschiedlicher sein könnten. Da ist Zhao Liangs Doku „Beixi Moshuo“über chinesische Minenarbeiter, da ist Cary Fukunagas Überwältigungskino „Beasts of No Nation“über Kindersoldaten – insgesamt 21 Titel, von bestürzend konventionell bis atemberaubend experimentell, die alle in denselben Kategorien beurteilt werden sollen.
Zumindest zwei Filme bleiben unweigerlich im Gedächtnis: „Heart of a Dog“von Laurie Anderson, der Performancekünstlerin, Musikerin und Witwe von Lou Reed, ist eine vielschichtige Reflexion auf mehreren medialen Ebenen, in der Anderson am Beispiel ihres Terriers Lolabelle Erkenntnisse zu Trauer, Empathie und Geschichtenerzählen schildert. Diskussionen vor: „Francofonia“des russischen Autorenfilmgiganten Aleksander Sokurov (der 2011 den Goldenen Löwen für „Faust“erhielt) befasst sich mit dem Louvre unter deutscher Besatzung, gefährdet von deutschen Plünderungen. Und dann ist da noch „The Danish Girl“von Regisseur Tom Hooper („The King’s Speech“), in der Oscarpreisträger Eddie Redmayne den Maler Einar Wegener spielt, der in der liebevollen Ehe zu seiner Frau Gerda (Alicia Vikander) zu seiner eigentlichen Identität als Frau findet. Redmaynes Darstellung ist erneut unvermeidliches Oscarmaterial, ebenso wie die schauspielerische Leistung von Alicia Vikander. Für einen Preis in Venedig dürfte der Film allerdings zu kitschig sein.