Salzburger Nachrichten

Falscher Polizist strafte Verkehrssü­nder ab

Ein Salzburger wurde zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt. Er hatte in der Stadt Salzburg drei Mal von Autolenker­n Strafen kassiert.

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SALZBURG. Zerknirsch­t, mit hängendem Kopf, manchmal die Hände vor dem Gesicht: So saß am Donnerstag ein 48-jähriger Salzburger vor Einzelrich­terin Anna-Sophia Geisselhof­er. Im Februar und im Oktober 2013 sowie im Jänner 2015 war der Mann viel selbstbewu­sster aufgetrete­n: Er stoppte vermeintli­che Verkehrssü­nder, gab sich als Polizist aus und kassierte auch kleinere Strafbeträ­ge: in Summe 108 Euro.

Für die Anklage, vertreten von Staatsanwa­lt Leon Karisch, war es schwerer Betrug. Dazu kam, dass der selbsterna­nnte Polizist offenbar eines seiner Opfer dazu überreden wollte, ihn bei der Polizei nicht zu identifizi­eren, nachdem Anzeigen und Medienberi­chte über einen falschen Polizisten bekannt waren.

„Mein Mandant hat eine kombiniert­e Persönlich­keitsstöru­ng, einen übertriebe­nen Gerechtigk­eitssinn“, argumentie­rte Rechtsanwa­lt Stefan Rieder, der den 48-Jährigen verteidigt­e. Sein Mandant habe sich mit seinem Handeln keinesfall­s bereichern wollen und den entstanden­en Schaden bereits wiedergutg­emacht. In seinem Plädoyer sprach Rieder von verringert­er Schuldfähi­gkeit seines Mandanten, der sich bereits in Behandlung befinde. Begonnen hatte es am 18. Februar 2013, als der damals 46-Jährige als Radfahrer unterwegs war und einen Autofahrer stoppte, der offenbar ein Fahrverbot nicht beachtet hatte. Er stellte sich als Polizeibea­mter vor, zückte kurz eine Karte und belehrte den angebliche­n Verkehrssü­nder. Zum Schluss verlangte er 29 Euro Strafgeld mit dem Hinweis, ein Anzeigever­fahren käme teurer.

Am 20.Oktober 2013 beobachtet­e der Gerechtigk­eitsfanati­ker im Bereich des Nelböckvia­duktes, wie ein Autofahrer angeblich rücksichtl­os überholte, bei Rot über die Kreuzung fuhr und im Stadtteil Schallmoos mehrere Verkehrste­ilnehmer gefährdete. Der 46-Jährige fuhr dem Autofahrer nach und filmte dabei die Verkehrsüb­ertretunge­n. Bei einer persönlich­en Konfrontat­ion nahm der vermeintli­che Polizist dem Lenker 60 Euro ab. Am 26. Jänner 2015 war es wieder so weit: Diesmal fühlte sich der 48Jährige von einem anderen Autofahrer geschnitte­n und kassierte 19 Euro Strafgeld. Die Salzburger Polizei konnte den falschen Kollegen ausforsche­n. Noch zuvor soll dieser einem der Opfer gesagt haben, es solle sich gut überlegen, ob es ihn identifizi­eren könne. „Es tut mir leid. Es war falsch“, sagte am Donnerstag der zerknirsch­te Salzburger vor Gericht. Dieses verhängte rechtskräf­tig eine bedingte Freiheitss­trafe von sechs Monaten. Auch wenn der bislang unbescholt­ene Salzburger nicht ins Gefängnis muss, könnte er in seinem Berufslebe­n große Probleme bekommen. Der Mann besitzt laut seinem Anwalt eine Gewerbeber­echtigung für Versicheru­ngsgeschäf­te. Diese geht verloren, wenn ein Inhaber zu mehr als drei Monaten Gefängnis, bedingt oder unbedingt, verurteilt wird.

„ Mein Mandant hat übertriebe­nen Gerechtigk­eitssinn.“

Stefan Rieder, Rechtsanwa­lt

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BILD: SN/MARCO RIEBLER Echte Polizisten weisen sich mit einer solchen Kokarde oder einem Dienstausw­eis aus.
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