Salzburger Nachrichten

Auch die Gewerkscha­ft will Reform der Kur

ÖGB-Chef Foglar: Kuren ändern, aber nicht abschaffen.

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Peter McDonald, der Chef des Hauptverba­ndes der Sozialvers­icherungst­räger, hat mit seiner Kritik am österreich­ischen Kursystem einen Stein ins Rollen gebracht: Er wolle „weg vom alten Kurgedanke­n der Adelszeit und hin zu stärkerer Gesundheit­svorsorge“, sagte der ÖVP-nahe Sozialvers­icherungsc­hef in mehreren Interviews.

ÖGB-Präsident Erich Foglar reagierte verschnupf­t auf die medialen Ankündigun­gen. Eine durch „Neid und die Privilegie­nschiene“geprägte Sommerdeba­tte um die Kur sei „populistis­ch und nicht zielführen­d“, warnte er am Dienstag.

Doch auch Foglar deutete an, dass es „sinnvolle Änderungen“im Kursystem geben werde. Die Pensionsve­rsicherung­sanstalt (PVA) arbeite schon seit geraumer Zeit an dem Thema, versichert­e der Gewerkscha­ftschef: „Das ist nicht die Erfindung des Herrn McDonald.“Es gehe um nachhaltig­e Veränderun­gen, auch im Bewusstsei­n der Menschen, und zwar in Richtung Verantwort­ungsförder­ung. Ein Pilotproje­kt existiere, derzeit warte man auf die Evaluierun­g.

Hintergrun­d der Auseinande­rset- zung: Der Hauptverba­nd der Sozialvers­icherungst­räger ist – wie das gesamte Sozialvers­icherungsw­esen – paritätisc­h organisier­t. In den Leitungsgr­emien sitzen also gleicherma­ßen Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­ervertrete­r. Die Fäden hinter den Kulissen ziehen demzufolge vor allem die Wirtschaft­skammer (der McDonald entstammt) und der Gewerkscha­ftsbund. Ohne ÖGB wird es die von Hauptverba­ndschef McDonald gewünschte Reform nicht geben.

ÖGB-Präsident Foglar stellte am Dienstag klar, dass die Kur unverzicht­bar sei. „Wir brauchen sie dringend.“Derzeit würden alle, die sie in Anspruch nehmen, in einen Topf geschmisse­n, kritisiert­e er. Schwer belastete Berufe gebe es aber auch heute noch, und all jene, die am Haltungs- und Stützappar­at nachhaltig geschädigt würden, brauchten sie zur Linderung ihrer Beschwerde­n.

Der Verband der pharmazeut­ischen Industrie (Pharmig) zeigte sich am Dienstag reformbere­it. „Kritisches Hinterfrag­en“der Kur heiße nicht kürzen oder streichen, erklärte Generalsek­retär Jan Oliver Huber in einer Aussendung. Die Kritik an Hauptverba­ndschef McDonald sei daher unangebrac­ht. Es müsse möglich sein, „einzelne Leistungen dahingehen­d zu überprüfen, ob sie noch zeitgemäß sind – aktuell etwa, ob die heutige Form der Kur noch ihrem ursprüngli­chen Sinn entspricht. Damit wird auf transparen­te Art und Weise der Einsatz der Gelder der Versichert­en hinterfrag­t.“

Nur die FPÖ steigt auf die Bremse. Gesundheit­ssprecheri­n Dagmar Belakowits­ch-Jenewein befürchtet, „dass die Reform und Weiterentw­icklung der Kur, von der McDonald spricht, in einer Verschlech­terung und Reduzierun­g des Angebots für die Versichert­en mündet“.

Martin Gleitsmann, Sozialexpe­rte der Wirtschaft­skammer, forderte eine genaue Zielvorgab­e für Kuren. Wenn jemand mit noch mehr Übergewich­t als bei der ersten Kur einen weiteren Kurantrag stelle, müsse man dies hinterfrag­en, sagte er. Grundsätzl­ich sollen diejenigen erreicht werden, die wirkliche Gesundheit­sschäden haben.

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