Salzburger Nachrichten

Salzburger retten den Wissenspar­k in Puch

Nach drei Jahren Stillstand soll im Herbst in der Urstein-Au weitergeba­ut werden. Ein Salzburger Konsortium erhielt den Zuschlag.

- Nationalso­zialismus

Nach drei Jahren Stillstand soll im Herbst wieder weitergeba­ut werden. Salzburger Projektent­wickler (SAPEG) haben den Wissenspar­k in Puch-Urstein übernommen.

Beim „Anschluss“an Hitlerdeut­schland im März 1938 hatte auch in Rauris der Jubel kaum ein Ende. Hakenkreuz­fahnen wurden aus den Verstecken geholt. „Mächtig klangen“die nationalen Lieder, als „die treuen Kämpfer für das Dritte Reich durch die Straßen unseres Marktes marschiert­en“.

Das diktiert der Schulleite­r den Mädchen und Buben in Rauris. Auch die Kleinen hoffen nun auf das Ende des Elends der 1930er-Jahre. Der Goldbergba­u in Kolm-Saigurn kommt wieder in Schwung. Väter bekommen auch im Straßenbau Arbeit, so der Papa der sechsjähri­gen Zilli Pfeiffenbe­rger. Deren Mama muss nicht mehr um Brot betteln. Alle hungern weniger, auch Zilli, die in einer Kommode schläft.

Doch bald quälen die Jüngste von sieben Kindern die Eintragung­en von 1938 bis 1945 in das Schulheft. Von Feuersbrün­sten und Arbeitsunf­ällen ist die Rede und vor allem vom Sterben Rauriser Soldaten an der Front.

Das von jedem Kind über die Jahre geführte „Dorfbuch“wird für Zilli zum Albtraum. Wie soll sie Worte wie „Heldentod“verstehen oder den Ausdruck „Gefallen auf dem Feld der Ehre“?

Unter Weinkrämpf­en muss sie den Tod der eigenen Brüder niederschr­eiben: Karl, gefallen für „Führer und Vaterland“im Jahr 1942, und Gottfried, gefallen 1944.

„Nein, nicht noch ein Dritter“, fleht die Mutter, als auch ihr Sohn Stefan vor Kriegsende eingezogen wird. Als auch dieser stirbt, notiert Zilli: „Tag des Todes unbekannt.“Bald sterben auch Zillis Mutter und Großmutter. „Mit all diesen Toten, die ich über alles liebte, starb auch meine Heimat und mein Zuhause“, liest man in ihrer letzten Notiz.

Auf sich allein gestellt, arbeitet sie als Magd bei Pinzgauer Bauern. Einen Beruf kann sie nicht erlernen, wohl sich aber später im Sporthotel Lebzelter in Zell am See von der Abwäscheri­n zum Stubenmädc­hen und zur Köchin hocharbeit­en. Als Chefköchin kommt sie danach nach Saalbach. Jeder schätzt ihre wunderbare­n Saucen und Pinzgauer Schmankerl, zuletzt auch die Senioren und Kindergart­enkinder. Für sie kocht Zilli, verheirate­te Klement, bis zu ihrer Pensionier­ung in der Stadtgemei­nde Zell am See. Warum bewahrt sie heute noch das Schulheft aus der NSZeit? „So schmerzlic­h es auch ist, es ist das letzte Stück Kindheit, das mir geblieben ist“, sagt die 83jährige Witwe in Zell am See. Sie will es auch als „Mahnung“an künftige Generation­en verstanden wissen, wenn sie meint: „Man lernt daraus, wie schwere Zeiten zur Verblendun­g führen können.“

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BILD: SN/ROBERT RATZER Wo heute nur unfertige Betonteile in die Höhe ragen, sollen demnächst wieder die Baumaschin­en auffahren.
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