Nicht nur die Griechen sind pleite
Schon bei seiner Gründung bekam Griechenland einen Rucksack von Schulden umgehängt. Doch Pleiten sind immer und überall.
Auch Puerto Rico droht in seinen Schulden zu versinken. Eine Milliardenzahlung hält die Karibikinsel noch über Wasser.
WIEN. Puerto Rico ist ein beliebtes Urlaubsziel für US-Amerikaner. Neben dem Tourismus lebt der Inselstaat vom Export landwirtschaftlicher Produkte wie Zuckerrohr, Bananen, Kaffee, Ananas oder Tabak. Was den Griechen ihr Olivenöl, ist den Puerto Ricanern ihr Rum, hier betreibt die Firma Bacardi ein Werk.
Wie Griechenland ringt jetzt auch der „reiche Hafen“(so der Name auf Deutsch) mit der Pleite, an der Wall Street befürchtet man Dominoeffekte. Dabei ist das USAußengebiet wesentlich kleiner als Hellas und die Verschuldung mit 70 Prozent des Bruttoinlandsprodukts nicht einmal halb so groß wie in Griechenland (170). Am Mittwoch konnte Puerto Rico mit der Zahlung von einer Milliarde Dollar die Pleite vorerst abwenden. Doch für Gouverneur Alejandro García Padilla ist das nur eine kurze Entlastung. Er verlangt einen Schuldenschnitt von den Gläubigern, Begründung: „Wir können nicht mehr zahlen.“
Der Bankrott eines Landes ist kein einzigartiges Ereignis. Vielmehr lassen sich Bankrotterklärungen ganzer Imperien über viele Jahrhunderte zurückverfolgen. Und immer ist es danach weitergegangen – nach einer Durststrecke meist sogar besser als vorher. Im Jahr 1340 konnte der englische König Edward III. seine Schulden aus dem Hundertjährigen Krieg nicht mehr begleichen, China schlitterte 1425 in den Konkurs und Spanien musste sich allein im 16. Jahrhundert gleich drei Mal bankrott erklären.
Überhaupt finden sich europäische Großmächte besonders häufig auf der Liste der Pleitestaaten. Spitzenreiter auf einer Aufstellung der Schoellerbank ist Spanien mit 13 Pleiten, gefolgt von Deutschland mit acht und Ungarn mit sieben Zahlungsausfällen. Die Türkei und Portugal waren demnach sechs Mal insolvent, mindestens ebenso viele Fälle waren es in Griechenland. Deutschland war allein im 20. Jahr- hundert vier Mal pleite, zuletzt 1953. Es sind immer die gleichen Anlässe, die einen Staat in die Zahlungsunfähigkeit schlittern lassen: Kriege, Wirtschaftskrisen oder innenpolitische Umbrüche wie Revolutionen, oft auch eine Kombination daraus, gepaart mit menschlichem Fehlverhalten.
Griechenland hat hier eine lange Tradition. Überliefert ist ein Staatsbankrott aus dem 4. Jahrhundert v. Chr., als die griechischen Stadtstaaten einen von einem Tempel aufgenommenen Kredit nicht mehr zurückzahlen konnten. „Auch zur Zeit der Gründung des modernen Griechenlands 1830 war es so gut wie bankrott“, so die deutsche Historikerin Korinna Schönhärl. Denn als England, Frankreich und Russland Otto aus Bayern als griechischen König einsetzten, überbrachten sie ihm als Antrittsgeschenk die Garantie für eine Anleihe von 60 Mill. Francs. Zusammen mit einer früheren Anleihe ein schwerer Rucksack.
Einige Zeit konnte sich Griechenland gut mit dem Export von Korinthen behaupten. Doch als Frankreich eine Mehltau-Epidemie überwunden hatte, die Weltmarktpreise für Korinthen einbrachen und noch eine Rezession dazukam, musste das Land den Bankrott erklären.
Prominentes Beispiel für eine jüngere Länderpleite ist Argentinien, das 2002 zahlungsunfähig wurde. Vorausgegangen waren Hyperinflation, sinkende Wirtschaftsleistung und eine verfehlte Währungspolitik, die in eine schwere Vertrauenskrise mündete. Weil einzelne Hedgefonds sich nicht an einem breiten Schuldenschnitt beteiligten, steht das Land heute erneut am Rand der Zahlungsunfähigkeit.
Erstaunlich rasch hat sich dagegen Island von seiner Beinahe-Pleite 2008 erholt. Die aggressive Expansion seiner Banken brachte das Land in schwere Nöte. Es folgten ein Milliardenkredit des Währungsfonds und ein drastischer Kurssturz der Krone. Private Haushalte wurden per Schuldenschnitt entlastet. 2010 entschied das Volk in einem Referendum, Sparguthaben ausländischer Kunden von fast vier Mrd. Euro nicht zurückzuzahlen. Heute gilt Island als Musterbeispiel für eine gelungene Entschuldung.