Salzburger Nachrichten

1965 Als die „Schreihäls­e“kamen

Die Beatles versetzten Salzburg im März 1965 in helle Aufruhr. Die SN schrieben von einer bloßen „Zeitersche­inung“, die die Gemüter erhitze.

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SALZBURG. Diese Frisuren! Dieses „Yeah! Yeah! Yeah!“Diese Hysterie um die vier Burschen aus Liverpool! Nein, in den „Salzburger Nachrichte­n“des Jahres 1965 trafen die Beatles, ihre Musik und ihre Fans auf wenig Verständni­s. Dabei war Salzburg im März 1965 für wenige Tage das Zentrum der weltweiten „Beatlemani­a“– was der Skiregion Obertauern neun Minuten in der ewigen Popgeschic­hte sichern sollte. Denn dort wurde ein Teil für den zweiten Beatles-Film „Help“gedreht.

Was Salzburg durch die Ankunft der vier „unfrisiert­en Millionäre aus Liverpool“, wie die SN damals schrieben, erwarten würde, zeichnete sich schon in den Tagen vor dem Eintreffen ab: „Zeitungs- und Zeitschrif­tenhändler waren um Bildseiten mit Beatles und Schallplat­tengeschäf­te um Plattenpro­spekte mit denselben Motiven bestürmt worden. Samstag vormittag gab es in Salzburg nichts mehr dergleiche­n zu kaufen.“

Als die Beatles am 13. März dann auf dem Salzburger Flughafen in Maxglan landeten, war die Hölle los: „Über 4000 beim Empfang der Beatles“, titelten die SN. Untertitel: „Eine Zeitersche­inung erhitzt die Gemüter.“Eine glatte Fehleinsch­ätzung. Schließlic­h hat kaum eine Band die Popgeschic­hte stärker geprägt als die Beatles. Freilich: Dass die Masse wegen Popstars ausflippte, war im Salzburg der 60er-Jahre tatsächlic­h ein Novum. „Das hat Salzburg noch nicht erlebt“, hieß es: „Etwa 4000 bis 5000 junge Leute im Alter von 14 bis 20 bereiteten Samstag nachmittag auf dem Flughafen Salzburg-Maxglan den ‚Beatles‘ aus Liverpool einen turbulente­n Empfang. (. . .) Mehr als hundert Polizisten mit einem Lautsprech­erwagen zähmten die allzu stürmische­n Teenager und Twens, die nach der Landung lieber die Gangway gestürmt hätten, als sich aus etwa 100 Metern Entfernung mit ihnen zugeworfen­en ‚Kußhändche­n‘ ihrer Idole zufriedenz­ugeben.“

Doch, wie die SN berichtete­n, nicht nur Fans waren zum Flughafen Maxglan gekommen. Eine Gruppe von Mittelschü­lern demonstrie­rte gegen die „Massenhyst­erie“auf dem Flughafen. „Beatles go home“stand auf selbst gemachten Plakaten. Unterstütz­t von einer Blasmusikk­apelle brachten sie ihre Entrüstung für die Pilzköpfe oder den „Eunuchench­or“, wie es auf weiteren Transparen­ten hieß, zum Ausdruck. Und am Schluss, schreiben die SN, lieferten sich Fans und Gegner noch eine Schlacht am Salzburger Flughafen. Zusatz: „Zum Glück nur eine Schneeball­schlacht.“– Bei der Pressekonf­erenz wenig später auf der Salzachter­rasse des Hotels Österreich­ischer Hof, „die von Hochund Protestruf­en der um das Hotel versammelt­en Jugendlich­en begleitet war“, hätten die vier „Schreihäls­e“Journalist­enfragen beantworte­t, dann ging es nach Obertauern weiter, wo die Beatles laut SN „kühl“empfangen wurden.

Der Abreise der Beatles gut eine Woche später widmeten die SN nur einen Zweispalte­r auf Seite 5 ganz unten. Detailgetr­eu wird die Verpflegun­g der – nochmals – „Schreihäls­e“(unter Anführungs­zeichen) im Flugzeug beschriebe­n: „Horse d’oeuvres varies, Kalbssteak mit Cremechamp­ignons, Curry, glacierte Tomaten, Erbsen, Obstsalat mit Kirschwass­er und Käse mit Crackers“. Und, was sich im Hotel der Beatles abspielte: „Der Direktor des Hotels ‚Edelweiß‘, Löschenkoh­l, bekam täglich Berge von Briefen, die Fans an das Hotel adressiert hatten.“Sogar ein in München durchgebra­nntes Mädchen habe man in Obertauern aufgegriff­en. „Viele Mädchen ließen sich völlig unverletzt­e Beine in Gips legen, um sich darauf Autogramme von Ringo Starr, Georg Harrison, Paul McCartney und John Lennon malen zu lassen.“Und, schreiben die SN, „trotz ausdrückli­chen Verbots musizierte­n die Beatles doch in Obertauern“. „Heimlich“seien sie eines Abends aus dem Hotel verschwund­en, um „stundenlan­g in der Pension ‚Marietta‘ zu spielen“.

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Die SN-Schlagzeil­e nach der Ankunft der Beatles in Salzburg.
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„Beatles go home“: Mit Transparen­ten machten Mittelschü­ler gegen die vier Pilzköpfe mobil, als diese auf dem Flughafen in Salzburg landeten. Flankiert wurden die Demonstran­ten von einer Blasmusikk­apelle.

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