Ein Fremder hat hier nicht zu wohnen
Wer nicht Deutsch spricht, soll daheimbleiben. Was aber, wenn er keines hat?
Durchfahrer kleiner Gemeinden im Flachgau oder Innviertel können sich bestens informiert fühlen, wegen riesiger Plakatwände. Nahe den Ortseinfahrten stehen sie meist. Man bremst herunter und wird dabei flott informiert. Wiesenfest da, Feuerwehr-Bierzelt dort. Wichtige Ereignisse, die das Land zusammenhalten (lassen). In Uttendorf nun hat „Niklas“, der Orkan, ein bisschen gerissen und gezerrt an der großen Plakatwand. Die schaut eh schon immer aus, als sei sie bloß provisorisch errichtet. Sie hält sich aber seit Jahren. Zu lesen sind darauf derzeit die Worte: „Ohne Deutsch keine Wohnung“. Irgendetwas fehlt, denkt man. Aber bevor es einem einfällt, fällt einem ein, wie viele Menschen da nun keine Wohnung haben werden. Denn es gibt geschätzt zwischen 95 und 105 Millionen Menschen, die Deutsch als Mut- tersprache ( um gleich alle Attacken aus den Söhne-, Zumpferl-, Väter-Kampftruppen zu vermeiden: jaja, auch Vatersprache) haben. Dazu kommen knapp 60 Millionen sogenannte Fremdsprachler (inkl. -innen). Das Plakat erklärt nun nicht, ob die mit aufgenommen werden ins Boot der Wohnung. Wahrscheinlich fehlt da etwas, das der Orkan vom Plakat abgerissen hat. Aber ein bisserl Mitmenschlichkeit muss auch bei der Vergabe von womöglich mit öffentlichem Geld geförderten Wohnungen vorausgesetzt werden. Also: Keine Angst und keine Vorurteile und rechnen wir die Fremdsprachler einfach mit, auch wenn das böse Wort „fremd“drin vorkommt. Dann ergibt sich eine Zahl von etwa 170 Millionen Menschen, die des Deutschen mächtig sind. Im Umkehrschluss heißt das, bei einer geschätzten Welt- bevölkerung von 7,2 Milliarden bleiben sage und schreibe 7,03 Milliarden übrig, die nicht Deutsch können. Das ist selbstverständlich ein unverzeihlicher Wahnsinn, nicht zu tolerieren. Weil aber die Großkopferten nichts dagegen machen, sollen diese Nicht-Deutschsprecher zumindest in Oberösterreich keine Chance haben, dass sie eine Wohnung bekommen. Obwohl man sagen muss, dass keineswegs sicher ist, dass die auch alle kommen werden. Aber das steht natürlich nicht auf dem Plakat, weil: Es ist schon Wahlkampf. Und jetzt ein paar Kilometer weiter fällt mir auch ein, was auf dem Plakat außer Tiefsinn noch fehlte: ein Verb! Ein Tunwort! Weil „Ohne Deutsch keine Wohnung“ist leider kein wirklich korrekter Satz.
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