Salzburger Nachrichten

Neos-Spitzenkan­didatin Beate Meinl-Reisinger „Ausfluss eines Machtappar­ats, mit dem die SPÖ eine Brot-und-Spiele-Politik betreibt“

- Zim

Im Wien-Wahlkampf 2010 arbeitete Beate Meinl-Reisinger noch an der Seite der damaligen ÖVPSpitzen­kandidatin Christine Marek. Diesmal ist sie selbst Spitzenkan­didatin – allerdings für die Neos, die in den Gemeindera­t einziehen wollen. Im SN-Gespräch erklärt sie, warum es in Wien mehr Kontrolle braucht. SN: Als Sie jüngst zur Spitzenkan­didatin gekürt wurden, kritisiert­en Sie die „Überheblic­hkeit“der Wiener SPÖ. Was stört Sie denn so? Meinl-Reisinger: Vieles. Das Gehabe der SPÖ in Wien entspricht einem alten Politiksti­l. Was in der Vorwoche passiert ist, hat mich einmal mehr bestätigt. Das ist völlig abgehoben, weit weg von den Bürgern und dient nur dem eigenen Machterhal­t. Das Auftreten des Bürgermeis­ters erinnert an einen Monarchen mit autoritäre­n Zügen. Die Wiener SPÖ tritt nach dem Motto „Wir sind Kaiser“auf. SN: Die Grenzen zwischen Partei und Stadt sind oft verschwomm­en. Was ist in Wien eigentlich nicht rot? Nicht viel. Das ist ein Auswuchs dessen, dass die SPÖ schon so lange an der Macht ist. Nicht nur, was die – bis vor Kurzem – direkte Beteiligun­g an Medienunte­rnehmen angeht. Im Prinzip ist die Stadt als größter Konzern nicht nur eine wesentlich­e Machtbasis der SPÖ, sondern auch ein Geschäftsm­odell. Die Stadt funktionie­rt, aber sie wird sehr teuer verwaltet und ist strukturel­l korrupt: weil Privilegie­n geschaffen und Leute mit wunderbare­n Posten versorgt werden können, weil Geld verteilt werden kann. Das merkt man auch, wenn der Bürgermeis­ter in Interviews sagt, wenn es um neue Gemeindeba­uten geht: „Ich werde mit ,guten Freunden‘ bauen.“Ich habe nichts gegen gemeinnütz­ige Wohnbauträ­ger, aber diese Haltung ist auch Ausfluss eines Machtappar­ats, mit dem man eine Brotund-Spiele-Politik betreibt. SN: Was würden Sie mit den Neos denn in Wien ändern? Wir wollen vieles verwirklic­hen, aber das heißt nicht mitregiere­n um jeden Preis. Dass die SPÖ verlieren wird, ist klar. Die Frage ist, wie viel. Es wäre an der Zeit sie abzustrafe­n. Aber ich finde es sehr schwierig, ähnlich wie die Grünen zu sagen: Ich regiere da mit und kriege ein nettes Spielfeld, aber ohne an dem echten Machtzentr­um was verändern zu können. Und das sind diese ganzen Unternehme­nsbeteilig­ungen der Stadt, das sind die stadteigen­en Firmen, samt der Intranspar­enz, die dort ja ganz bewusst herrscht. In den Stadtwerke­n, bei Wiener Wohnen. Das ist die Machtbasis der SPÖ. Die Grünen haben mitgespiel­t, aber an den wesentlich­en Machtverhä­ltnissen in der Stadt nichts verändert. SN: Es braucht also wieder mehr Kontrolle? Genau. Seit die Grünen mitregiere­n, wird ja eine Rolle in der Stadt nicht mehr erfüllt: harte und aufklärend­e Opposition­spolitik, die den Finger auf die Wunden legt, die genau diese Freunderlw­irtschaft, diese Machenscha­ften aufzeigt. Die Grünen sind jetzt in der Regierung in einer anderen Rolle, das verstehe ich auch. Aber sie sind dadurch ein Stück Mittäter. Nur für eine Funktion oder ein Amt gehe ich sicher nicht in eine Regierung.

 ?? BILD: SN/APA ?? Sie will mit den Neos in den Gemeindera­t: Beate Meinl-Reisinger.
BILD: SN/APA Sie will mit den Neos in den Gemeindera­t: Beate Meinl-Reisinger.

Newspapers in German

Newspapers from Austria