Salzburger Nachrichten

„Vielleicht hält es die LeutevomRa­sen ab“

Sie legen am Straßenran­d stummes Zeugnis davon ab, dass dort ein Unglück geschah. Die SN suchten die Geschichte hinter dem Marterl.

- SUSANNA BERGER SALZBURG.

Der Herbst ist eine besonders harte Zeit im Jahr für Branka Barišić. Dann, wenn die Tage kürzer werden, Allerheili­gen ansteht, wenn der 15. Dezember näher rückt, an dem ihre Tochter Sandra Geburtstag feierte, und schließlic­hWeihnacht­en.

Im März 2008 starb die damals 16-jährige Sandra Barišić an den Folgen eines Verkehrsun­falls in Eugendorf. Ein Herz aus Marmor an der Unglücksst­elle erinnert daran. Es zeigt ein Bild des hübschen Teenagers. Kleine Engel, Blumen und Kerzen zieren die Gedenkstät­te, auch heute noch, sechseinha­lb Jahre danach.

„Für mich ist dieser Platz wichtig“, sagt SandrasMut­ter. Hier habe sie ihre Tochter auf der Straße liegend vorgefunde­n, noch bevor die Rettung eingetroff­en war. Freunde hätten sie gleich nach dem Unfall angerufen und ihr er- zählt, dass Sandra angefahren worden sei. „Da habe ich noch nichts Schlimmes geahnt. Ich dachte, sie hat sich ein Bein gebrochen.“Doch für das Mädchen kamjede Hilfe zu spät.

DasUnglück hat das Leben der einheimisc­hen Familie schlagarti­g verändert. „Der Unfalllenk­er hat nicht nur die Sani er-

Stilles Gedenken wischt, sondern uns alle.“Seither versuche sie zu funktionie­ren. Aber den Tod des eigenen Kindes könne man nicht verwinden, ist Barišić überzeugt, die noch drei Töchter hat. Das Marterl für Sandra soll nicht nur eine Gedenkstät­te, sondern auch Mahnmal sein. „Die Leute sollen hier nicht so rasen. Der Unfall hat gezeigt, wie schnell ein junges Leben vorbei sein kann.“

An die mahnende Wirkung von Marterln mag Anna Gattinger aus dem oberösterr­eichischen Ungenach nicht mehr glauben. Im Dezember 2013 verunglück­te ihr Mann Peter im Gemeindege­biet von Straßwalch­en. Das Paar und zweiweiter­e Familienmi­tglieder wollten zum Christkind­lmarkt nach Mondsee, als es auf der Vöcklatale­r Landesstra­ße bei Hüttenedt zur Kollision mit einem entgegenko­mmenden Auto kam. Heute stehen zwei schlichte Holzkreuze an der Unfallstel­le, umringt von Blumen.

Die 49-Jährige tut sich schwer damit, den Ort, der ihr Leben so drastisch verändert hat, aufzusuche­n. „Wenn ich dort bin und die Autos an mir vorbeirase­n, dann denke ich, dass auch zehn Kreuze am Straßenran­d die Autofahrer nicht kümmern würden.“Auch fühle sie sich ihrem Mann dort nicht näher. „Ich habe ihn so und so immer bei mir, in meinen Ge- danken.“Dennoch denkt sie darüber nach, wie das endgültige Marterl für ihn ausschauen soll, informiert sich im Internet.

Nur ein paar Kilometer weiter Richtung Zell am Moos steht ein Marterl aus Holz. Es erinnert an Gerhard Breitentha­ler aus Pöndorf, der dort vor 21 Jahren mit seinem Motorrad verunglück­te. Der Zahn der Zeit hat an dem Denkmal genagt. Das Sterbebild des damals 27-Jährigen ist verbli-

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