Salzburger Nachrichten

In vielen Fliegern stinkt es nach „alten Socken“

Im Internet klagen Hunderte Passagiere über „bestialisc­hen Gestank“in Flugzeugen. 2010 fielen zwei Piloten deshalb beinahe in Ohnmacht.

- ALEXANDRA PARRAGH

WIEN, FRANKFURT. Vor einer Woche hatte die Salzburger Delegation rund um Landeshaup­tmann Wilfried Haslauer während ihres Lufthansa-Fluges LH 713 von Seoul nach Frankfurt plötzlich diesen unerklärli­chen „Selchfleis­chgestank“in der Nase. Wie sich herausstel­lt, ist das kein Einzelfall. Im Internet stößt man auf Tausende Erfahrungs­berichte von Passagiere­n, die schon einmal einen „bestialisc­hen Geruch“in der Flugzeugka­bine wahrgenomm­en hatten. Die meisten beschreibe­n einen Gestank, der an „alte Socken“oder „nasse Hunde“erinnere.

Bei der Unabhängig­en Flugbeglei­tergewerks­chaft (UFO) in Deutschlan­d weiß man auch, wieso: „So riecht Trikresylp­hosphat, das in der Luft enthalten sein kann, die in die Kabine geblasen wird. Die Luft kommt direkt vom Triebwerk. Wenn dort die Dichtungen alt oder undicht sind, können Partikel des Öls, mit dem das Flugzeug angetriebe­n wird, in die Atemluft gelangen“, sagt Martin Sehnem, der bei UFO für das Thema „kontaminie­rte Kabinenluf­t“zuständig ist und sich seit mittlerwei­le zwölf Jahren damit beschäftig­t.

Seit den 195oer-Jahren stinke es regelmäßig in allen Flugzeugty­pen auf der ganzen Welt, da man seit damals Flugzeuge nicht mehr mit Kompressio­nspumpen belüfte. Deshalb sind laut Sehnem auch alle Fluglinien betroffen. Einzig die Boeing 787 und einige neuere Maschinen von Airbus hätten neuere Belüftunge­n. Sehnem tritt deshalb seit zwölf Jahren für eine Umstellung der Belüftungs­systeme ein – bisher ohne Erfolg. Dabei unterstütz­en ihn in Deutschlan­d sogar linke Parlaments­abgeordnet­e.

Es ist höchst umstritten, wie gefährlich Trikresylp­hosphat-Dämpfe für Passagiere und das Flugperson­al sind. Sehnem sagt selbst, dass lediglich zehn Prozent aller Passagiere und Flugbeglei­ter über gravierend­e Beeinträch­tigungen klagen würden. „Bei manchem Menschen kann das zu Kopfschmer­zen und Schwindel führen, in schweren Fällen auch zu Sehstörung­en und zu leichtenMu­skelverkra­mpfungen“, bestätigt der Umweltmedi­ziner Hanns Moshammer vomAKHWien.

In der Vergangenh­eit mussten immer wieder Flugzeuge wegen giftigerDä­mpfe zwischenla­nden. 2010 waren zwei Piloten einer Germanwing­s-Maschine dadurch beinahe ohnmächtig geworden. Seit dem Vorjahr können sich Crewmitgli­eder auf demWiener Flughafen nach einem vermuteten Vorfall gesundheit­lich testen lassen. „Andere Flughäfen werden folgen“, sagt Siegfried Lenz von der Vereinigun­g der österreich­ischen Piloten.

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SN, Agentur Bild: SN/FRANZ NEUMAYR Dicke Luft in Flugzeugen ist keine Seltenheit.
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