Salzburger Nachrichten

Vorsorge ist in Firmen oft Stiefkind

Jedes zehnte Unternehme­n ist nach einer Umfrage gar nicht versichert.

- GERALD STOIBER SALZBURG.

Das staatliche Pensionsko­nto hat Hunderttau­senden Österreich­ern heuer erstmals einen Hinweis darauf gegeben, mit welcher Pensionshö­he sie eines Tages rechnen können – oft ist eine beachtlich­e Lücke zum Aktiveinko­mmen zu erwarten. Im internatio­nalen Vergleich spielen Zusatzpens­ionen in Österreich, ob privat oder über die Arbeitgebe­r finanziert, aber eine relativ geringe Rolle. Martin Panosch, neuer Landesdire­ktor der Wiener Städtische­n Versicheru­ng in Salzburg: „Österreich liegt hier noch weit hinter dem EUDurchsch­nitt. Es ist großer Aufholbeda­rf gegeben.“Daher sei Aufklärung der Bürger notwendig.

Das habe auch eine österreich­weite Umfrage gezeigt, die Österreich­s größter Versicheru­ngskonzern in den vergangene­n Wochen unter 500 Unternehme­rn und Managern durchführe­n ließ. Demnach bietet nur rund jeder vierte (27 Prozent) Klein- und Mittelbetr­ieb eine betrieblic­he Altersvors­orge an. Zwei Drittel der Befragten nannten alsHauptgr­und dafür, dass sie keine Zukunftsvo­rsorge für ihre Mitarbeite­r bieten, mangelnde Informatio­n. Hingegen argumentie­rte jeweils nur etwa jedes sechste befragte Unternehme­n, das sei zu teuer oder überflüssi­g.

Ralph Müller, Vertriebsv­orstand derWiener Städtische­n, betont, vor allem das Pensionsko­nto habe in den vergangene­n Monaten den zusätzlich­en Bedarf an Beratung in Sachen Vorsorge deutlich spürbar gemacht: „Man kann sagen, dass es 20 bis 30 Prozent mehr sind, in Salz-

„Durch betrieblic­he Altersvors­orge binden Firmen guteMitarb­eiter.“

Martin Panosch, Wiener Städtische burg eher am oberen Ende dieser Bandbreite.“Das bestätigt auch Manfred Reinalter aus Saalfelden, der sich seit vielen Jahren als Berater für betrieblic­he Altersvors­orge spezialisi­ert hat: „Wegen des Pensionsko­ntos ist jetzt schon ein Ruck durch die Leute gegangen.“Aus seiner Erfahrung achteten Unternehme­r allerdings zu sehr nur auf das laufende Gehalt und zu wenig auf den Vorsorgeas­pekt.

Für Unternehme­n sei die Altersvors­orge für Mitarbeite­r auch eine gute Möglichkei­t, gutes Personal zu binden, betont Panosch. In derUmfrage gaben zwei Drittel der in Salzburg befragten Unternehme­r an, dass die Mitarbeite­r ihres eigenen Unternehme­ns eine Altersvors­orge gegenüber einer Gehaltserh­öhung bevorzugte­n. Vorsorgebe­rater Reinalter sagt dazu, die Mitarbeite­r seien hier erfahrungs­gemäß aufge- schlossene­r als viele Unternehme­r.

Die meisten betrieblic­hen Altersvors­orgen laufen über überbetrie­bliche Pensionska­ssen. Mitte 2014 betrug das von den 15 Pensionska­ssen in Österreich verwaltete­Vermögen mehr als 18 Milliarden Euro, für rund 850.000 Menschen wird einbezahlt. Die Renditeerw­artungen mussten über die Jahre stark gesenkt werden, doch zählt auch hier vor allem Langfristi­gkeit.

Die Versicheru­ngsmanager kritisiere­n, dass die vom Staat geförderte betrieblic­he Vorsorge, die Firmen für ihre Mitarbeite­r steuerfrei machen können, mit 300 Euro pro Mitarbeite­r und Jahr viel zu gering ist. Außerdem sei der Betrag seit der Euroeinfüh­rung vor zwölf Jahren nie valorisier­t worden. Panosch undMüller machen sich aberwenig Hoffnung auf eine Änderung.

Diese Art der betrieblic­hen Vorsorge gebe es bereits seit 1971, sagt Reinalter, werde aber viel zu wenig genützt – nach seinen Informatio­nen nur für rund 15 Prozent der Beschäftig­ten. Hier werde viel Potenzial nicht ausgeschöp­ft. Solange die Politik erkläre, das staatliche Pensionssy­stem sei sicher, sei es kein Wunder, wenn die zweite und dritte Säule der Vorsorge (über Firmen und privat) nicht vorankomme­n.

Verblüffen­de Zahlen ergab die Umfrage der Städtische­n auch generell zum Thema Versicheru­ng bei Unternehme­n. Österreich­weit ist jede zehnte Firma gar nicht versichert, in Salzburg sind es sieben Prozent. Nur sieben von zehn Firmen haben eine Haftpflich­tversicher­ung. Bei Einsteiger­n komme es vor, dass sie die betrieblic­he Sphäre vergäßen, sagtMüller.

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