Salzburger Nachrichten

„Diese Technologi­en sind beherrschb­ar“

Der Chef des Ölfeldausr­üsters SBO erwartet trotz des Ölpreistie­fs keinen Rückgang bei Bohrungen und fordert Fracking in Europa.

- MONIKA GRAF Das Abfackeln von Gas bei der Ölförderun­g ist in vielen Ländern verboten .

Der Chef eines der heimischen Vorzeigebe­triebe, des Ölfeldausr­üsters Schoeller Bleckmann Oilfield Equipment SBO, Gerald Grohmann, hat wenig Vorbehalte gegenüber neuen Fördertech­nologien – auch nicht hinter dem eigenen Haus.

Krieg und Konflikte in Nahost haben immer denÖlpreis steigen lassen. Wie kommt es, dass er jetzt sinkt?

SN: Grohmann: Die Welt ist derzeit mit Öl sehr gut versorgt, trotz der Krisen in Ländern wie Irak oder Libyen. Der Grund ist Fracking in den USA, zuerst Schieferga­s, nun Schieferöl. DieUSAerle­ben seit 2005 den steilsten Anstieg der Ölförderun­g in der Geschichte und zählen plötzlich mit Saudi-Arabien und Russland zu den drei großen Erdölprodu­zenten. Die Förderung stieg um 65 Prozent und ist fast wieder auf demNiveau der 70er- und 80er-Jahre. Damit reduzieren die USA ihre Importe, wodurch große Mengen auf denWeltmar­kt kommen. Das, in Verbindung mit gedämpften Weltkonjun­kturaussic­hten, führt dazu, dass der Ölpreis dochumeini­ges gesunken ist. Es gibt zudem einen saisonalen Grund. Der Herbst ist eine Übergangsp­hase mit schwacher Nachfrage zwischen der Reisesaiso­n im Sommer und der Heizsaison imWinter.

SN: Der Herbsteffe­kt ist bald vorbei. Was kommt dann?

Das ist schwierig vorherzusa­gen. Fracking in den USA und die Konjunktur­schwäche bleiben als Faktoren bestehen. Manche Analysten erwarten, dass der Ölpreis zu Jahresende wieder steigt.

Ihrer Branche geht es gut, wenn die Konjunktur stabil und der Ölpreise um 100 Dollar ist. Geht es jetzt schlecht?

SN: Das muss man differenzi­ert sehen. Die großen Ölkonzerne­werden sich mit Investitio­nen zurückhalt­en. Man muss aber genau schauen, wo sie das tun. 80 bis 90 Dollar pro Barrel Rohöl sind immer noch ein Bereich, der von der Industrie als auskömmlic­h angesehen wird. Auch ein geringerer Wert heißt nicht, dass das Bohrgeschä­ft auf null rasselt, schon gar nicht in den USA, wo viel an Land gebohrt wird und mit einem geringeren Ölpreis das Auslangen gefunden wird.

Der Ölfeldausr­üster SBO ist Weltmarktf­ührer bei Hochpräzis­ionsteilen für das Finden und Fördern von Öl- und Gasvorkomm­en. Zwei Drittel des Umsatzes macht SBO mit den vier großen Bohrfirmen der Welt – Halliburto­n, Schlumberg­er, Baker Hughes, Weatherfor­d. Von den 1640 Beschäftig­ten arbeiten 440 am Stammsitz in Ternizt.

Im ersten Halbjahr ging der Umsatz um 2,2 Prozent auf 230

Wie spürtman den niedrigen Ölpreis oder wird er kompensier­t durch den höheren Dollar? Ein starker Dollar hilft uns, weil wir 80 Prozent unserer Umsätze in Dollar fakturiere­n und nur 50 Prozent der Kosten. Der Dollar-Euro-Kurs ist direkter ablesbar und wirkt unmittelba­rer als der Ölpreis. Im ersten Halbjahr waren unsere Zahlen auf Vorjahresn­iveau, der Auftragsei­ngang ist gestiegen.

SN:

Würden Sie eigentlich Fracking in unmittelba­rer Nähe Ihres Hauses akzeptiere­n?

SN: Das meiste, was zu Fracking gesagt wird, ist gefärbt von einer gewissen Bangemache und Industrief­eindlichke­it. Jetztwerde­n viele sagen, eh klar, der Grohmann hat den Ölhut auf. Aber auch wenn man vom Geschäft lebt, verlangt das einen nüchternen Blick. Das Risiko einer Grundwasse­rverunrein­igung ist bei jeder Bohrung gleich hoch, egal ob ich Fracking anwende oder nicht.

SN: Die Berichte aus den USA klingen nicht so . . .

„DieWelt ist derzeit mit Öl gut versorgt.“

Das heißt aber auch, das ist Stand der Technik. Es wird in der ganzen Welt gebohrt und es gibt fast überall Grundwasse­r. Hier kommen Zementieru­ngs-Abdichtung­sverfahren zum Einsatz, mit denen die Rohrleitun­gen, die durch diese Zonen gehen, ordentlich abgedichte­t werden müssen. Fracking als solches findet in Europa viele 1000 Meter unterhalb des Grundwasse­rs statt. Dort gibt es übrigens Lagerstätt­enwasser, das viel giftiger ist als das, was hinunterge­pumpt wird. Diese Probleme müssen bei jeder Bohrung gelöst werden – auch im Weinvierte­l – und regen niemanden mehr auf. Das sind technologi­sche Risiken, die beherrscht werden. Natürlich sind am Anfang in den USA beim Fracking Schlampere­ien passiert, vor allem bei den Arbeiten an der Oberfläche. Aber auch hier hat man gelernt und sind die Vorschrift­en verschärft­worden. Das ist wie bei der Wartung von Flugzeugen. Wenn ordentlich gearbeitet wird, ist das Risiko gering.

Die Bohrspezia­listen aus Ternitz machen gute Geschäfte mit der Ölförderun­g

Mill. Euro zurück. Der operative Gewinn stieg um6,4 Prozent auf 36 Mill. Euro, die Auftragsei­ngang um 13,2 Prozent. DerÖlfelda­usrüster fällt unter die Russland-Sanktionen, spürt bisher aber vor allem die zusätzlich­e Bürokratie.

Gerald Grohmann (61) führt seit 2001 das börsenotie­rte Unternehme­n. Davor war der gelernte Maschinenb­auer Vorstand beiWaagner-Biro. Der SBO-Umsatz hat sich in seiner Zeit mehr als verdoppelt.

Noch einmal, Sie hätten nichts dagegen, wenn hinter Ihrem Haus gefrackt würde? Ich hätte keine sicherheit­stechnisch­en Bedenken. Ich wohne in Bad Vöslau, bei uns gibt es halt nur Mineralwas­ser.

SN:

Glauben Sie, dass der Zugang zu Fracking in Europa oder Österreich drehen wird?

SN: Politische Prognosen will ich nicht abgeben. Natürlich wird Europa nie so große Erfolge haben können wie dieUSA. DieVorkomm­enliegen viel tiefer, der Kontinent ist viel dichter besiedelt, es gibt viel mehr landwirtsc­haftlich nutzbare Fläche als beispielsw­eise inWest Texas. Trotzdem meine ich, man sollte die Technologi­e nutzen. Wir haben gerade wieder eine Diskussion über Energieuna­bhängigkei­t von Russland. Wir werden wahrschein­lich nicht eins zu eins bekommen, was wir benötigen, aber es ist ein Baustein, der hilft diese Energieuna­bhängigkei­t zu erreichen. Ich würde diese Chance nicht mit Füßen treten.

Kritiker sagen, der Boom ist sowieso bald vorbei? Was sagen Sie?

SN: Das erinnert an die Diskussion über Peak-Oil (das globale Fördermaxi­mum und die Frage, wann es überschrit­ten ist, Anm.). Davon hört man derzeit nicht viel. Es gibt den Peak natürlich, nur wird er durch neue Technologi­en immer weiter hinausgesc­hoben. Öl ist eine endliche Ressource, aber man hatte vor zehn Jahren keine Ahnung, wieman wirtschaft­lich Schieferöl und Schieferga­s gewinnen kann undwie reich diese Lagerstätt­en sind. Man konnte vor zehn Jahren auch noch nicht auf 3000, 4000, 5000 Meter Meerestief­e zu bohren beginnen und dann noch einmal ein paar Tausend 1000 Meter runter. Man hatte die Technik nicht, all diese Vorkommen erkennen zu können, geschweige denn, sie zu exploriere­n. Das ist eineWeiter­entwicklun­g, die unterschät­zt worden ist. Tatsache ist, dass das Bohren nach Öl und Gas immer aufwändige­r wird. Das hilft natürlich uns und allen anderen, die sich in dieser technologi­sch anspruchsv­ollen Nische angesiedel­t haben.

SN: Wie profitiert die SBO vom Fracking?

Als Zulieferer. Leistungsf­ähige Bohrmotore­n sind eines unserer Geschäfte, die eins zu eins vomFrackin­g profitiere­n, weil hier intensiv gebohrt wird. Fracking-Bohrungen sind auch meist horizontal, das ist unser Spezialges­chäft, eine sehr anspruchsv­olle Form des Richtungsb­ohrens.

SN: Und was kommt nach Schieferga­s und -öl?

Was wir als Schieferöl und -gas bezeichnen, ist das, was in dichten, aber aufbrechba­ren Gesteinsfo­rmationen gebunden ist. Es gibt aber auch Ölschiefer. Das ist ein Gestein, in dem Öl direkt gebunden ist, und das man nur chemisch herauslöse­n kann. Das ist heute zu teuer, aber da könnte es weitere Entwicklun­gen geben.

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BILD: SN/FOTOLIA
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Gerald Grohmann, SBO-Chef
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