Mein Handy lernt mich kennen
ICHbin, wie Lesern der Ich-Kolumne vielleicht noch in Erinnerung ist, seit dem Frühjahr Besitzerin eines Smartphones. Bitterlich beschwerte ich mich damals darüber, dass mir mein Handy – passiert mir beim Schreiben einer SMS oder E-Mail auch nur der kleinste Tippfehler –, hineinpfuscht und Korrekturen in dadaistischen Dimensionen anbringt. Unterdessen hab ich mein Handy besser kennengelernt. Und es ist mir gelungen, diese spezielle Eigenmächtigkeit abzustellen.
Es ist nur leider so, dass auch mein Handy nicht untätig war und alles daran setzt, um mich besser kennenzulernen. Als Erstes merkte ich das daran, dass es mich ständig in die Arbeit schicken will. Wische ich irr- tümlich über den Bildschirm, informiert es mich augenblicklich: Die aktuelle Fahrzeit zur Arbeit beträgt soundso viele Minuten. Was geht das mein Handy an? Wie kommt es drauf, dass – wo immer ich gerade bin – die Arbeit mein eigentliches Ziel ist?
Als nächstes ploppte bei jeder möglichen und unmöglichen Gelegenheit die Frage auf, ob ich abnehmen will. Aber hallo! Hartnäckiges Ignorieren half. Dann tappte ich in zwei Fallen: Erstens bestellte ich über eine digitale Buchungsplattform ein Hotelzimmer in Italien. Zweitens lud ichmir ein Gratisspiel aufs Handy: Sudoku.
Seither bombardiert mich mein Handy mit Vorschlägen, wohin in Italien ich unbedingt reisen sollte und welche Spiele mich sonst noch interessieren könnten. Jüngst insistier- te es dreiWochen lang täglich auf eine Reise nach Palermo oder Rom. Oder wenigstens Mailand, Florenz, Venedig? Außerdem will es, dass ich Poker spiele. Ich nicht. Dann wenigstens Solitaire? Nein. Aber vielleicht „My little Farm“(?). Da war ich imerstenMoment ein bisserl empört. Und dann gerührt: Niedlich! Mein Handy hält mich für ein Kleinkind!
Das glaubte es allerdings nicht lange. Wann immer ich nun ein Sudoku machen will, fragt es mich erst einmal: Herzinfarkt? Probiere ich ein zweites, steht da: Herzattacke? Und beim dritten Versuch kommt fast flehentlich die Frage: Schlaganfall?
Nein, nein und noch einmal nein. Und schön langsamwürde ich meinem Handy raten, mit diesem Blödsinn aufzuhören. Sonst kriegt ES einen Schlaganfall.