Chefdirigent Thielemann und das Dresdner Zerwürfnis
DRESDEN (SN, dpa). Sachsen muss sich nach der fristlosen Kündigung des designierten Semperoper-Intendanten Serge Dorny auf eine juristische Auseinandersetzung einstellen. Dorny will sich mit seinem Rechtsanwalt über das weitere Vorgehen beraten, wie er am Wochenende der Nachrichtenagentur dpa sagte.
Er fühle sich durch die Erklärung von Kunstministerin Sabine von Schorlemer ( parteilos) verletzt. „Ich möchte keine Leute verurteilen und beschuldigen. Ich verlange aber einen respektvollen Umgang“, sagte Dorny. Er hatte einen Vertrag für fünf Jahre unterzeichnet.
Am Freitag erhielt Dorny seine Kündigung – ein halbes Jahr vor seinem geplanten Amtsantritt. In ihrer Stellungnahme wies die Kunstministerin in ungewöhnlich deutlichen Worten auf angebliche Versäumnisse Dornys hin. Der Belgier habe ihm entgegengebrachtes Vertrauen in kürzester Zeit verspielt und den „Betriebsfrieden nachhaltig“gestört. Um Schaden von der Oper im In- und Ausland abzuwenden, sehe man zu einer sofortigen Kündigung „keine Alternative mehr“.
Dorny sah dagegen in einem Kompetenzstreit mit Dirigent Christian Thielemann den Grund. Er habe erst nach seiner Nominierung entdecken müs- sen, dass Kompetenzen, die ihm laut Vertrag zustünden, auf die Position des Chefdirigenten entfielen, betonte er. Er sei aber als Intendant eines Drei-SpartenHauses verpflichtet worden und nicht für die Stelle des Operndirektors. Dorny gab an, die Kunstministerin davon unterrichtet und um eine Lösung des Problems ersucht zu haben – ohne eine konkrete Antwort zu erhalten.
Das Kunstministerium stellte den Sachverhalt anders dar. Es sei immer mit offenen Karten gespielt worden, erklärte die Sprecherin, Annett Hofmann.
In einem Interview der Nachrichtenagentur dpa äußerte sich Dorny auch über ein aus seiner Sicht strukturelles Problem an der Semperoper. „Wenn man eine Renaissance der Semperoper möchte, muss man das als kollektives Projekt aller Sparten angehen“, sagte er. Thielemann dagegen poche auf den separaten Status der Staatskapelle und behandle sie wie einen autonomen Betrieb, als „Staat im Staate“. Leider habe er Thielemann in dieser Frage nicht überzeugen können.
Im Kunstministerium war man derweil um Schadensbegrenzung bemüht. „Wir werden mit Sorgfalt in den nächsten Tagen über weitere notwendige Schritte entscheiden“, erklärte die Sprecherin des Ministeriums. Geschäftsführer Wolfgang Rothe werde die Oper weiterhin kommissarisch leiten.