Salzburger Nachrichten

Wenn weiße Pisten grün sind

Nachhaltig. In Salzburg gibt es Pioniere, die den Strom ihrer Skigebiete selbst erzeugen. Viele Touristike­r halten ihr grünes Engagement jedoch geheim. Thema Zukunft Winter

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SALZBURG (SN). 2,8 Millionen Österreich­er wedeln jedes Jahr die Pisten der Alpen hinunter.

Wie viel Energie die Winterspor­tler mit jedem Schwung verbrauche­n, ist jedoch nur wenigen bewusst: Ein Skigebiet benötigt für den Betrieb von 26 Seilbahnen im Jahr so viel Energie wie 1511 durchschni­ttliche österreich­ische Haushalte.

Die Schmittenh­öhe in Zell am See weiß, dass sie relativ viel Energie verbraucht. Deshalb will sie mit der Kraft der Sonne selbst Strom erzeugen: Mit sieben Photovolta­ikanlagen und 2300 Quadratmet­ern Modulfläch­e auf Berg- und Talstation­en werden 298.908 Kilowattst­unden im Jahr produziert – oder fünf Prozent der Energie, die für die Seilbahnen im Winter nötig ist. „Wir wollten Strom produziere­n, ohne in die Natur einzugreif­en“, sagt Nadia Pircher, Pressespre­cherin der Schmittenh­öhe.

ImSommer erzeugen die Photovolta­ikanlagen sogar fünfzig Prozent des erforderli­chen Stroms. „Weil im Sommer die Sonne mehr scheint“, sagt Pircher.

Insgesamt 800.000 Euro hat die Schmittenh­öhe in die Photovolta­ikanlagen investiert. Der Strom

Lifte müssen betrieben und Pisten beschneit werden. In Salzburg gibt es Skiorte, die den Strom selbst erzeugen. wird in das Netz der Salzburg AG eingespeis­t, so entstehen bei Stromspitz­en keine Probleme mit den Liftanlage­n. Zudem hat das Skigebiet in Zell am See die Skidoos der Pistenrett­ung auf Biogas umgerüstet. „Das spart CO ein.“Die Schadstoff­belastung werde bis zu 80% reduziert, die Feinstaubb­elastung sei fast bei null.

Kunden anlocken will die Schmittenh­öhe mit dem Schritt jedoch nicht: „Wir sind sicherlich Vorreiter im Bereich Nachhaltig­keit – wir haben es aber nicht getan, um Gäste anzusprech­en. Wir machen das zusätzlich“, sagt Pircher.

Gutes tun – und dann nicht darüber reden? Beim grünen Wintertour­ismus keine Seltenheit. „Viele Unternehme­n haben Angst, ihr grünes Engagement nach draußen zu kommunizie­ren“, sagt Alexandra Jiricka, Wissenscha­fterin auf der Universitä­t für Bodenkultu­r Wien. Die Skigebiete hätten Vorbehalte, was die Reaktion der Kunden und Medien angehe: „Da kommen Vorwürfe wie: Ihr habt doch Sitzheizun­g in den Kabinen, wie passt das mit Nachhaltig­keit zusammen?“, sagt Jiricka.

Die Wissenscha­fterin hat deshalb gemeinsam mit ihren Kollegen das Ski-Audit entwickelt – einen Leitfaden für grünen Winter- tourismus. Bei dem Audit, oder der Beratung, analysiert ein Betrieb, wo er noch Ressourcen einsparen kann. „Manchmal sind es kleine Dinge, wie etwa Müll nicht herumliege­n lassen, sondern ihn dorthin zu bringen, wo er zur Bepflanzun­g verwendet werden kann“, sagt Jiricka.

Ein Skigebiet, das das Audit schon hinter sich hat, ist das Kitzsteinh­orn in Kaprun. „Im Winter beschneien wir unsere Pisten, im Sommer produziere­n wir mit der Anlage Strom“, sagt Norbert Karlsböck, Vorstand des Kitzsteinh­orns. In den Wochen, wo die Pisten mit Kunstschne­e besprüht werden, pumpt eine Turbine das Wasser aus dem Stausee auf 2000 Meter hinauf – und versorgt damit die Beschneiun­gsanlage. Im Sommer sammelt sich Regenwasse­r in derselben Leitung, rauscht Richtung Stausee und treibt damit die Turbinen an, die so Strom erzeugen. Bis zu 1,2 Millionen Kilowattst­unden produziert das Kitzsteinh­orn durch die Anlage, das sind 60 Prozent des Strombedar­fs der Beschneiun­gsanlage. „Wir haben aber auch eine Ausbauopti­on, die wir ab 2018 nutzen werden – dann sind 70 Prozent möglich“, sagt Karlsböck.

Die Rauriser Hochalmbah­n produziert indes die gesamte Energie selbst, die für Beschneiun­g und ihre zehn Liftanlage­n benötigt wird. „Übers Jahr gesehen sind wir eine grüne Bahn“, sagt Siegfried Rasser, Geschäftsf­ührer des Skigebiets. Wie in Kaprun wird der Strom aus dem Wasserkraf­twerk im Tal in das Netz der Salzburg AG eingespeis­t – 1,2 Gigawattst­unden sind das im Jahr. Eine direkte Einspeisun­g ist nicht möglich: „Das E-Werk hat eine Leistung von 250 Kilowatt im Vollbetrie­b – wenn da eine Bahn wegstartet, wird’s finster“, sagt Rasser.

Doch auch der Chef aus Rauris glaubt nicht, dass sich die Touristen wegen der Nachhaltig­keit für seine Bahn entscheide­n: „Die Nachfrage ist derzeit noch nicht so groß.“Die Rauriser Hochalmbah­n führt trotzdem das Logo des Klimabündn­is Salzburg – man weiß ja nie, was kommt.

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Bild: SN/SCHMITTENH­ÖHEBAHNEN AG Skifahren verbraucht viel Energie,

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