Ein Chef geht, ein anderer muss in Haft
Rücktritt. Aus Protest gegen die Regierungslinie wirft der Vorstandschef der Hypo Alpe Adria das Handtuch – nur einen Monat nach dem Abgang von Johannes Ditz als Aufsichtsratschef.
Zwei Paukenschläge bei der notverstaatlichten Hypo Alpe Adria gab es am Dienstag. Hypo-Vorstandschef Gottwald Kranebitter kündigte seinen Rückzug an – aus Protest gegen die Einmischung der Politik. Und der Oberste Gerichtshof hat die Urteile erster Instanz gegen das frühere Management bestätigt. Damit muss Ex-Chef Wolfgang Kulterer wegen Untreue 3,5 Jahre ins Gefängnis. Auch drei Mitangeklagte wurden rechtskräftig zu Haftstrafen verurteilt.
WIEN (SN-hwk). Die notverstaatlichte Kärntner Hypo Alpe Adria kommt nicht zur Ruhe. Sorgen einmal nicht Schließungsaufrufe aus Brüssel oder eine neue Kostenexplosion zulasten der Steuerzahler für Unruhe, dann kommt eine überraschende Personalmeldung. Am Dienstagvormittag informierte Hypo-Vorstandsvorsitzender Gottwald Kranebitter Mitarbeiter undMedien darüber, sein Amt zurückzulegen – vier Wochen, nachdem Johannes Ditz als Aufsichtsratspräsident Anfang Juni das Handtuch geworfen hatte – aus Protest gegen die Politik der Regierung.
Als Grund nannte Kranebitter „die öffentliche Diskussion von Schließungsszenarien und undifferenzierte Kostenspekulationen“, die seit März „massiven Schaden verursacht“und „große Teile der Sanierungsarbeit der vergangenen drei Jahre beschädigt“hätten.
In einem offenen Brief an Mitarbeiter und Vorstandskollegen ersucht Kranebitter um „Verständnis, dass es mir diese Entwicklungen unmöglich machen, weiterhin als Vorstandsvorsitzender meinen Ansprüchen zu folgen und meine Aufgabe unter diesen Rahmenbedingungen weiterzuführen“. Das ist nicht zuletzt eine Ohrfeige für Finanzministerin Maria Fekter, die die Hypo Anfang April als „Fass ohne Boden“ bezeichnet hatte. Auch Bundeskanzler Faymann hatte mit Spekulationen über mögliche weitere Finanzspritzen dem Institut in den Augen der Bankmanager keinen guten Dienst erwiesen.
Klaus Liebscher, Nachfolger von Ditz an der Hypo-Aufsichts- ratsspitze, sprach am Dienstag die Differenzen zwischen Bankmanagement und Politik diskret, aber unüberhörbar an: Er habe „registriert, dass es gewisse unterschiedliche Ansichten im strategischen Ansatz gibt, was den Umstrukturierungsplan betrifft“. Das dürfte auch der „maßgebliche Grund der beiden Rücktritte gewesen sein“, meint Liebscher.
Kritiker werfen der Regierung vor, sich dem von der EU verordneten Zeitdruck zu beugen und damit die Chance zu vergeben, die gesunden Bestandteile der Hypo so teuer wie möglich zu verkaufen. Die rasche Einrichtung einer Bad Bank hätte es möglich gemacht, die Kommission von der Gesundheit der übrigen Teile zu überzeugen, ist zu hören. Aber offenbar aus politischem Kalkül wollte man die Bank aus dem Wahlkampf heraushalten – mit dem Ergebnis, dass jetzt die im Budget für die Hypo vorgesehenen 700 Mill. Euro wohl schon im Halbjahr verbraucht werden.
Kranebitter betont in dem offenen Brief, sein Anspruch sei gewesen, „den – vor allem aufgrund der Milliardenhaftungen der Vergangenheit – drohenden Schaden zu minimieren und möglichst großen Teilen der Gruppe durch Restrukturierung und Vorbereitung der Privatisierung eine Zukunftschance zu geben“. Diese Ziele seien erreicht worden – „im Rahmen des Machbaren und Möglichen“. So habe man das Risiko um acht Milliarden Euro reduziert, sechs Milliarden Euro öffentlicher Haftungen rückgeführt sowie zwei Jahre in Folge mit ausgeglichenen Ergebnissen ausgewiesen.