Der Klub der Aufsteiger
DURBAN, SALZBURG (SN). Europa und Amerika sind in der Krise. Das beflügelt die Schwellenländer bei ihrem Bemühen, politisch und ökonomisch eine größere Rolle zu spielen. Die Ambitionen der aufsteigenden Mächte bündeln sich im Klub der Brics-Staaten: Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Diese Staatengruppe umfasst vier Kontinente, gut 40 Prozent der Weltbevölkerung und etwa ein Viertel der Weltwirtschaft. Bei ihrem Gipfeltreffen in Durban (Südafrika) wollen die Brics-Staaten ab heute, Dienstag, einen großen Schritt hin zu einer globalen Wirtschaftsmacht tun. Insbesondere soll der ehrgeizige Plan einer eigenen Entwicklungsbank für die Finanzierung von Infrastruktur- und Entwicklungsprojekten endlich vorangebracht werden. Sie wäre eine ernsthafte Konkurrenz zu den noch immer vom Westen dominierten internationalen Finanzinstitutionen wie Weltbank und Internationaler Währungsfonds (IWF).
Am klarsten formuliert die Regierung in Moskau den neuen Machtanspruch. Ein Strategiepapier spricht laut Zeitung „Kommersant“von „einer Verschiebung der globalen Machtzentren zugunsten der wirtschaftlich aufstrebenden Brics-Staaten“. Ziel sei es, den Westen zurückzudrängen. Brics könne „den Kern einer neuenWeltordnung bilden“.
Tatsächlich spiegelt der Aufstieg dieser 2009 eher zufällig formierten Staatengruppe den internationalen Szenenwechsel. USAnalytiker entwerfen bereits das Szenario einer „nach-westlichen Welt“.
Freilich bilden die Brics-Staaten längst keine Einheit. Brasilien, Indien und Südafrika zählen zu den Demokratien.
In Russland hingegen hat sich unter der Regie von Wladimir Putin ein autoritäres Regime hinter demokratischer Fassade etabliert. Auch die Führung Chinas regiert autoritär .
Die Brics-Staaten verfolgen auch entgegengesetzte strategische Interessen. Das zeigt sich etwa bei der Debatte über eine Er- weiterung des UNO-Sicherheitsrats oder bei der Konkurrenz um Rohstoffe und Land vor allem in Afrika. Zwischen den Regionalmächten China und Indien herrscht noch immer großes Misstrauen. Peking betrachtet etwa Delhis Kooperation mit Washington als Teil von Amerikas Bestreben, den Einfluss der Zukunftsmacht China einzudämmen.
China, mit Abstand stärkste Wirtschaftsmacht im BricsKlub, sieht sich schon in einer Liga mit den USA. Russland hingegen folgt wie Indien, Brasilien und Südafrika dem Ansatz eines multipolaren Systems. Ernüchterung gibt es auch bei der inneren Entwicklung. Im ressourcenreichen Brasilien ist zwar Millionen Menschen der Aufstieg in die Mittelschicht gelungen. Aber die soziale Ungleichheit bleibt groß.
Russland lebt nach wie vor in erster Linie von Erdöl und Erdgas. Von Modernisierung kann noch immer keine Rede sein.
In Indien erweist sich die Korruption als riesiges Wachstumshemmnis. Schockierende Vorfälle haben zudem Zweifel am Zustand des Rechtsstaats geweckt.
China muss mit einem gedrosselten Wachstumstempo zurande kommen. Auf Dauer bremst der Widerspruch zwischen einer dynamischen Marktwirtschaft und dem Machtmonopol der Kommunistischen Partei den Aufschwung.
Südafrikas Regierungspartei ANC erntet wachsende Kritik wegen politischer Arroganz und wirtschaftlicher Korruption.
Zusammengehalten werden die fünf Staaten bisher vor allem von der Idee, dass derWesten nicht länger das einzige Gravitationszentrum sein sollte. Brics ist das erste großeWeltforum ohne westliche Beteiligung.