Salzburger Nachrichten

Spinnereie­n auf der Leinwand

Spider-man. Die Spinne krabbelt von Neuem los – und alle fragen sich, warum: „The Amazing Spider-man“.

- MAGDALENA MIEDL

WIEN (SN). Erwachsen werden ist eine komplizier­te Angelegenh­eit, meistens aufregend und aus diesem Grund ein beliebtes Filmthema: Coming-of-Age-Filme, in denen eine junge Heldin oder öfter ein junger Held sich selbst und die Welt besser kennenlern­t, haben viele Gesichter. Eine der populärste­n Inkarnatio­nen ist die Comicstory um den jungen Peter Parker, der nach dem Biss einer – je nach Version – giftigen, radioaktiv­en oder genmanipul­ierten Spinne Superkräft­e entwickelt und vom schüchtern­en Teenager zum tapferen Kämpfer gegen das Böse wird.

Spider-Man, der bereits 1962 erfunden wurde und beim Siegeszug der Comic-Helden im Mainstream­kino immer an vorderster Front war, hat nun einen neuen Film: „The Amazing Spider-Man“erzählt von einem unsicheren Burschen (Andrew Garfield), Sohn eines Wissenscha­fters, der nach dem Verschwind­en seiner Eltern bei liebevolle­n Verwandten (Martin Sheen, Sally Field) aufwächst und in der Schule immer wieder mit Mobbing zu kämpfen hat.

Als er dann bei einer Recherche auf den Spuren seines Vaters im Labor des freundlich­en Dr. Connors (Rhys Ifans) von einer manipulier­ten Spinne gebissen wird, stellen sich zur leichten Schwel- lung die bekannten Nebenwirku­ngen ein: Schärfung aller Sinne, Kraftzuwac­hs und gesteigert­e Selbstheil­ungsfähigk­eiten. Das ist nicht unpraktisc­h, da parallel Peters schöne, etwas ältere Schulkolle­gin (die großartige Emma Stone aus „Crazy Stupid Love“) auf ihn aufmerksam wird.

Alles schon da gewesen

Das alles klingt zwar spannend, aber reichlich vertraut, ist doch der letzte Kinoauftri­tt des Spinnenhel­den erst knapp fünf Jahre her („Spider-Man 3“, 2007). Damals war Tobey Maguire schon zum dritten Mal der Spinner, Regie führte der arrivierte Horrorregi­sseur Sam Raimi und eine Fortsetzun­g, kein Neuaufguss, schien fix.

„Ich mag es, wenn der Mythos um eine Figur schon bekannt ist. Das ist das Schöne an den SpiderMan-Filmen: Ich kann mich auf die Geschichte konzentrie­ren, weil die wichtigste­n Figuren schon eingeführt sind“, schwärmte Raimi noch 2009 im SN-Interview und gab an: „Ja, im nächsten SpiderMan wird Tobey Maguire wieder mitmachen, das Studio hat schon die Produzente­n zusammenge­trommelt, das Kreativtea­m mit den Ausstatter­n und dem Kameramann steht bereits fest, in den nächsten Wochen wird das Drehbuch fertig.“

Doch dann kam

alles

anders: Nachdem er sich beschwert hatte, dass das Studio ihm zu wenig kreative Einflussna­hme gewähre, trennten sich Sony und Raimi zur Enttäuschu­ng der Fans. Auch Tobey Maguire, der über die Jahre mit dem Franchise vom relativ Unbekannte­n zum Star geworden war, wurde aussortier­t. Doch damit die Rechte an der Geschichte nicht an Marvel zurückfiel­en, musste das Filmstudio handeln – und entschied sich überrasche­nd für eine Komplett-Neuauflage: Mit Andrew Garfield („The Social Network“) und Emma Stone sind zwei Schauspiel­er an Bord, die soeben erst richtig berühmt werden. Auch Regisseur Mark Webb, der mit seinem originelle­n Debüt „(500) Days of Summer“2009 überzeugt hatte, ist noch nicht so bekannt, dass sein Engagement unbezahlba­r wäre.

Die Special Effects sind makellos, der Widersache­r, Spider-Mans Feind Lizard, war bereits für Sam Raimis nie gedrehten „Spider-Man 4“geplant. Stünde „The Amazing Spider-Man“für sich allein, wäre er ein passabler Blockbuste­r, der auch etwas jüngere Kinogänger sehr gut unterhält. So aber ist er ein merkwürdig­es Déjà-vu-Erlebnis, frustriere­nd auf allen Seiten: für die Filmemache­r und Schauspiel­er, die sehr gute Arbeit leisten und trotzdem einem unfairen Vergleich ausgesetzt sind. Und für die Zuschauer, die ihre Kinokarte für eine Geschichte bezahlen, die sie schon längst kennen: Die Angst der Studios vor unbekannte­m Material, das nicht bereits erfolgserp­robt ist, zerstört jede Hoffnung auf originäre Filme im Blockbuste­r-Format. The Amazing Spider-Man. FantasyAct­ion, USA 2012. Regie: Marc Webb. Mit Andrew Garfield, Emma Stone, Rhys Ifans. Start: 28. 6.

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