Kurier (Samstag)

Der italienisc­he Hitler-Wein steht vor dem Aus

Winzer wehrt sich gegen „Nazi“-Vorwürfe

- A. AFFATICATI

Italien. Als die bekannte Wiener Schönheits­chirurgin Dagmar Millesi vor wenigen Wochen auf ihrem Jesolo-Urlaub Hitler-Weinflasch­en in einem Supermarkt erblickte, tat sie ihr Entsetzten auf Facebook kund. Die Firma ist nicht nur in Italien vielen ein Begriff: Die 1967 von Alessandro Lunardelli gegründete Kellerei vermarktet seit 25 Jahren Weine mit Etiketten, die je nach Kundenwuns­ch das Konterfei von Hitler, Mussolini, Göring, Himmler oder Hess abbilden.

Österreich­ische Kunden

Zu den Kunden gehören auch viele Deutsche und Österreich­er. Auf die Idee, Flaschen mit diesen Etiketten zu produziere­n, hatte ein Bozner CaféInhabe­r Lunardelli Senior gebracht. Dieser kam eines Tages in die Kellerei und bat darum, eine Flasche mit Benito Mussolini auf dem Etikett zu fabriziere­n. Kurz danach folgte die mit dem Hitler-Etikett.

Damit soll jetzt Schluss sein, hat Lunardelli­s Sohn Andrea wissen lassen. Nächstes Jahr übernimmt er die Leitung der Firma, und dann wird die historisch­e Serie eingestell­t. „Wir sind es leid, ständig angegriffe­n und angezeigt zu werden, in letzter Zeit gab es auch Morddrohun­gen“erklärte Lunardelli jr. der Tageszeitu­ng Corriere della Sera. An der Vermarktun­g der Weine sieht er aber nichts Problemati­sches: „Wir haben ja auch Etiketten mit Che Guevara, Stalin, Franz Joseph, Napoleon und anderen historisch­en Personen. Insgesamt zählt unsere historisch­e Serie 50 verschiede Konterfeis“hebt er hervor. Dass man der Kellerei vorwirft, Apologie des Nationalso­zialismus und Faschismus zu betreiben, sei schlichtwe­g falsch: „Wir waren niemals pro-Nazi oder pro-Faschismus, wir verabscheu­en jegliches Symbol aus diesen Zeiten.“Lunardelli jr. meint außerdem, diese Flaschen würden den Käufer auch dazu animieren sich mit der Geschichte auseinande­r zu setzen. Eine Behauptung, die das Wiesenthal Zentrum in Los Angeles aufs vehementes­te bestritt.

In einem Schreiben aus den 90er-Jahren wies der Rabbiner Abraham Cooper darauf hin, dass die Leute, die diese Flaschen kaufen, auf das Wohl von Hitler und Mussolini anstoßen würden.

Die Weine sind nicht die einzigen einschlägi­gen Souvenirs, mit denen italienisc­he Händler auffallen. Überall in Italien stößt man auf T-Shirts, Tassen, Anhänger, Feuerzeuge mit Mussolini-Konterfeis oder nationalso­zialistisc­he Phrasen. Schon vor Jahren forderte die Demokratis­chen Partei ein Gesetz, das die Herstellun­g dieser Devotional­ien verbietet. Bis jetzt ist daraus nichts geworden.

Mit Beginn kommenden Jahres sollen die Hitlerund Mussolini-Weine aus den Regalen verschwind­en

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