Bei „Hass im Netz“hilft Strafe nur bedingt
192 Personen zugewiesen
Der Ton im Netz ist rau: „Da hilft nur eine Wiedereröffnung der KZ’s. Diese Krüppel sollen alle vergast werden!“, schrieb etwa ein Poster. 1.003 Verfahren wegen Verhetzung bearbeiteten die Gerichte im Vorjahr. In diesem Jahr waren es 314. Die Verfasser solcher Kommentare sind zumeist keine jungen Heißsporne. Es sind Personen ab 40, tendenziell männlich und sie sind noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten.
Dass solche Hass-Kommentare straf bar sind, wissen noch immer die Wenigsten. Freiheitsstrafen bis zu drei Jahre sind möglich. Allerdings: „Reine Bestrafung birgt oftmals Rückfälle“, sagt Alfred Kohlberger, Geschäftsführer des Vereins Neustart. „Wir mussten eine konstruktive Antwort auf diese Probleme finden“, sagt Justizminister Clemens Jabloner. Und die heißt: Dialog statt Hass.
Bedeutet: Das Strafverfahren wird eingestellt, wenn der Hassposter Verantwortung übernimmt und das etwa halbjährige Programm absolviert. 119 Personen wurden bereits zugewiesen, 82 Prozent haben das Programm „positiv abgeschlossen“.
Das Programm setzt auf mehreren Ebenen an. „Wichtig ist, warum derartige Aussagen getätigt werden. Oft ist es die Angst vor fremden Kulturen, die Angst vor einer negativen Entwicklung der Gesellschaft oder es sind Überreaktionen auf Missstände“, erklärt Kohlberger. Rote Linie Wesentlich dabei: Wo ist die rote Linie zwischen Meinungsäußerung und Verhetzung? Wie kann man seine Meinung anders ausdrücken? Wie erkennt man Fake News?
Neustart-Sozialarbeiterin Sabine Hötzl schildert ein Beispiel aus der Steiermark:„Eine Frau hat auf Facebook über sexuelle Belästigungen auf der Donauinsel gelesen.“Sie kommentierte: „Das Allerschlimmste ist, dass sie im Rudel kommen wie die Tiere!“
Die Dame ist 64 Jahre alt, lebt auf einem Bauernhof. „Dass so viele Menschen ihren Kommentar lesen konnten, war ihr gar nicht bewusst“, schildert Hötzl. Auch nicht, dass sie sich damit straf bar macht. Jetzt, so erzählt Hötzl, hat sie ein Hobby daraus gemacht, Fake News zu enttarnen. „Und sie freut sich, dass sie ihren Kindern da noch etwas beibringen kann.“ (die Ausländer, Anm.)