Kurz verlangt Kursänderung der EU
Bundeskanzler.
Sechs Monate sind es noch, dann übernimmt Österreich zum dritten Mal seit dem EUBeitritt 1995 den Vorsitz in der EU. Dabei will die neue Bundesregierung unter Sebastian Kurz der europäischen Agenda eine Neuausrichtung verpassen.
Punkt eins ist dabei die strikte Kontrolle der Außengrenzen der EU und der Stopp der Migration über das Mittelmeer. Punkt zwei ist eine stärkere Allianz mit den Visegrád-Ländern Ungarn, Tschechien, Polen und der Slowakei, um als mitteleuropäischer Block die Hegemonie von Deutschland und Frankreich in der EU herauszufordern. Das ist der feste Plan von Bundeskanzler Kurz und seiner türkis-blauen Regierung. Mehr Subsidiarität, das heißt mehr nationale Regelungen und weniger Brüsseler Zentralismus der EU ist seine Botschaft an die Partner. Doch das kann noch jede Menge Unruhe bringen und für Streit innerhalb der Europäischen Union sorgen.
Ob der Wiener Appell „Weniger Europa ist mehr“überall so gut ankommt wie in Budapest oder in Warschau, wird die Praxis der nächsten Monate zeigen. Ein „europäischer Subsidiaritätspakt“soll das besiegeln.
„Es wäre wünschenswert, wenn sich die Regierung als verlässlicher und proeuro- päischer Partner profilieren kann, die das Einende im Blick hat“, sagt Stefanie Wöhl, Professorin für europäische und internationale Politik an der Fachhochschule des BFI in Wien.
Vermittelnde Rolle
Die EU-Expertin erklärt, dass Österreich auch eine „vermittelnde Position gegenüber jenen Staaten der VisegrádGruppe übernehmen könnte, die zum Beispiel zu einer gerechten Verteilung von Flüchtlingen nicht bereit sind“.
Wöhl weist aber auch darauf hin, dass es im Bereich der Jugendarbeitslosigkeit und des soziales Ausgleiches noch einiges in der EU zu erledigen gibt, was ja manche südlichen Mitgliedsländer auch vehement fordern. „Bisher hat man in diesem Bereich sehr wenig getan.“
Den Schwerpunkt wird Österreich aber nicht auf die soziale Frage setzen. Im Fokus steht die innere Sicherheit. Dazu soll es am 20. September einen Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs in Wien geben.
Mit diesem Treffen, aber auch einigen anderen informellen Ministerräten in Linz, Alpbach und Graz, will die neue Regierung „Subsidiarität“gleich einmal in die Tat umsetzen.
Kritik aus Luxemburg
Die harte Gangart des Bundeskanzlers beim Thema Asyl sorgt allerdings in Europa auch für Kritik: Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte im Spiegel, dass Kurz bei Migrationsthemen „die Sprache Donald Trumps spricht“. Der Spitzenpolitiker weiter: „Wer so spricht, versteht das Einmaleins der EU nicht, den Grundgedanken der Solidarität.“Konkret kritisierte Asselborn, dass Kurz es ablehnt, EU-Staaten notfalls zur Aufnahme von Flüchtlingen zu zwingen. Dies entspreche letztlich den Äußerungen Trumps, der sage, „wenn jedes Land dafür sorgt, dass es ihm gut geht, geht es am Ende allen gut“.